Nicht vergessen! Aufrechnung und Zurückbehaltungsrechte

Aufrechnung und Zurückbehaltungsrechte. Bedeutung für Deine Jura Klausuren

Fallfragen richtig lesen

In einer zivilrechtlichen Klausur muss man in aller Regel Ansprüche prüfen. Natürlich gibt es davon auch manchmal Ausnahmen. Fragen (auch hier gleicht ein wichtiger Tipp: Lies bitte die Fallfrage mehr als sorgfältig. Sie ist Dein Freund, nicht Dein Feind. Deine Richtschnur für die saubere Klausurbearbeitung wird sie Dir vorgeben) wie beispielsweise: Ist das Testament wirksam? Oder: Ist eine bestimmte Person Eigentümer einer Sache oder Inhaber eines Pfandrechts geworden? Manchmal wird auch nur danach gefragt, ob der Kaufvertrag wirksam ist. In den meisten Fällen aber wird die Klausur die Frage stellen, ob eine Person einen Anspruch auf etwas Bestimmtes hat. Im Sachverhalt wird dann vorgetragen, dass die Person zum Beispiel irgendwelche Schäden erlitten hat. Dann muss man Schadensersatzansprüche prüfen. Nicht vergessen! Aufrechnung und Zurückbehaltungsrechte kommen dann auch noch. Dazu mehr unten. 

Andere Fragestellungen auch beachten

In anderen Fällen teilt Dir die Klausur mit, dass eine Person einen Gegenstand genutzt hat und sich eine andere Person dann fragt, ob sie hierfür Nutzungsersatz verlangen kann. Kurzum: es gibt verschiedene Anspruchsziele. Sehr viele von Ihnen sind auf Geld gerichtet, andere auf die Herausgabe oder Übereignung einer bestimmten Sache. Dann gibt es noch Verwendungsersatzansprüche oder Ansprüche auf Herausgabe eines Surrogats. Letztlich nicht zu vergessen auch Ansprüche auf Unterlassen.

Tipp:

Alle Anspruchsgrundlagen mal aufnotieren

Vollführe gerne einmal eine kleine Übung jetzt und hier: Schreibe einmal auf einem weißen Blatt Papier alle Anspruchsgrundlagen auf, die Dir zu den o.g. Anspruchszielen so einfallen. Du wirst erstaunt sein wie viele es tatsächlich gibt. Nicht vergessen! Aufrechnung und Zurückbehaltungsrechte schreibst Du Dir am besten auch gleich noch mit auf.

Das klingt jetzt erst einmal banal. Es ist aber ratsam, dass man sich das Anspruchsziel vergegenwärtigt, bevor man die klassische Reihenfolge von vertraglichen, quasi-vertraglichen, dinglichen, bereicherungsrechtlichen und deliktischen Ansprüchen abarbeitet. Übrigens besteht kein Vorrang zwischen der Prüfung von bereicherungsrechtlichen und deliktischen Ansprüchen, die vertraglichen, quasi-vertraglichen und dinglichen Ansprüche sind hingegen immer zuerst in dieser Reihenfolge zu prüfen.

Es geht los mit “Anspruch entstanden”

Wenn man die eben angesprochene Vorarbeit geleistet hat und eine bestimmte Anspruchsgrundlage gefunden hat, beispielsweise den Anspruch auf Schadensersatz aus § 280 Abs. 1 BGB, beginnt man mit der Frage, ob der Anspruch entstanden ist. Das ist für die allermeisten bekanntes Terrain. Auch bei Anspruch untergegangen erinnern sich viele vielleicht noch an das viel besprochene Unmöglichkeitsrecht und die Vorschriften von § 275 Abs. 1 BGB und § 326 Abs. 1 S. 1 BGB.

Oft Klausurfalle: Die Einreden werden übersehen

Eine Falle, in die viele Bearbeiter tappen, ist, Zurückbehaltungsrechte oder mögliche Aufrechnungsmöglichkeiten zu übersehen. Grund dafür ist, dass die Klausur explizit nur nach den Ansprüchen einer Person (A) gegen eine andere Person (B) fragt. Werden im Sachverhalt allerdings mögliche gleichartige oder ungleichartige Gegenansprüche des B erwähnt, sind diese unbedingt im Rahmen einer Aufrechnung durch B oder eines Zurückbehaltungsrechts zugunsten des B zu prüfen. Es hilft dem Anspruchsteller A schlussendlich nichts, dass der Anspruch entstanden ist, wenn dieser vielleicht wieder untergegangen oder nicht durchsetzbar ist. Man sollte also im Gutachten mit einer gewissen anwaltlichen Vorsicht vorgehen. Deswegen schadet es auch nicht, wenn eine Aufrechnung des B noch nicht erklärt worden ist oder der B das Zurückbehaltungsrecht noch nicht geltend gemacht hat. In diesem Fall sollte dennoch die Aufrechnungslage oder das Zurückbehaltungsrecht geprüft werden. Es verhält sich hier wie mit jedem Gestaltungsrecht: man muss immer damit rechnen, dass dieses noch ausgeübt wird (wenn es nicht verfristet ist). Genauso machen wir das oft auch bei einer fehlenden Rücktrittserklärung. Nicht vergessen! Aufrechnung und Zurückbehaltungsrechte! Bitte jetzt wirklich einmal auf einem weißen Blatt Papier aufschreiben, welche Dir alle einfallen. 

Hinweis: 

Das oben Erwähnte ist schon einmal, wenn Du das beachtest, eine gute Basis für eine Prädikatsklausur. Fehler in diesen Bereichen können jedoch vice versa schnell zum Durchfallen Deiner Klausur beitragen, was dann zum Weg in den Zweitversuch bzw. Versuch der Wiederholung führt. Solltest Du bereits mehrfach durchgefallen sein, steht nun eventuell der letzte Versuch in Jura an. Daher gilt nun: Lies Dir meine Ausführungen konzentriert durch und versuche vor allem, das Gelernte so schnell als möglich in Fallübungen einzubauen. Klausurentraining ist am Ende alles. Glaube mir. Der alte Spruch: “Übung macht den Meister” gilt nämlich auch hier in der juristischen Ausbildung. Bleib hartnäckig dran und lass Dich niemals entmutigen.

Legen wir nun los:

Aufrechnung

Gleichartigkeit der Forderungen

Bei gleichartigen Forderungen ist immer eine Aufrechnung zu prüfen. Gleichartig meint in der überwiegenden Regel ein Anspruch auf Geldzahlung gegen einen Anspruch auf Geldzahlung, selten auch mal vertretbare Sachen.

Welche ist die Hauptforderung?

Hauptforderung ist dabei immer die, die man bei Anspruch entstanden geprüft hat (also der Anspruch der Fallfrage). Diese muss „nur“ entstanden und erfüllbar sein. Grund dafür ist, dass der Aufrechnende der Schuldner der Hauptforderung ist. Ihm steht es somit frei, ob er auf eine noch nicht fällige oder einredebehaftete Forderung sozusagen mit dem Gegenanspruch „zahlt“ und somit dem Aufrechnungsgegner eine bessere Position verschafft.

Welche ist die Gegenforderung?

Die Gegenforderung ist demnach die Forderung, mit der aufgerechnet werden soll. Diese muss entstanden, nicht untergegangen, fällig und durchsetzbar sein. Das volle Prüfungsprogramm also.

Die Aufrechnung in einer Klausur, es sei denn, der Sachverhalt schildert Dir ausdrücklich z.B.: “B erklärt die Aufrechnung”, zu erkennen ist äußerst schwierig zu erkennen. Du musst also immer nach irgendwelchen Gegenansprüchen förmlich suchen und dann, wie oben bereits erwähnt, eine Hypothese in den Raum werfen: “B müsste die Aufrechnung noch erklären. Sollte er diese erklärt haben, könnte er nun mit folgenden Ansprüchen aufrechnen…………..”.

Das Zurückbehaltungsrecht

Beliebte Vehikelchen des Klausurerstellers

Die Zurückbehaltungsrechte gemäß § 320 BGB oder § 273 BGB sind Mittel, wie ein Klausursteller geschickt (solche “Hacks” zeigen wir Dir natürlich in unserem Jura Einzelunterricht mit der Jura Nachhilfe ab dem ersten Semester, spätestens jedoch in unserem Jura Repetitorium der Examensvorbereitung) einen ungleichartigen Anspruch aus demselben Rechtsverhältnis in die Klausur einbauen kann.

Auf die Konnexität kommt es an

Konnexität der Ansprüche bedeutet, dass die ungleichartigen, wechselseitigen Ansprüche auf demselben rechtlichen Verhältnis beruhen müssen. Die Ungleichartigkeit der Leistungen, unterscheiden das Zurückbehaltungsrecht von der Aufrechnung. Es genügt ein „innerlich zusammengehöriges einheitliches Lebensverhältnis, das es als wider Treu und Glauben erscheinen lässt, wenn der eine Anspruch ohne Rücksicht auf den anderen geltend gemacht oder verwirklicht werden soll“. Spezieller ist hingegen das Zurückbehaltungsrecht aus § 320 BGB. Hier geht es wirklich nur um die beiden, wechselseitigen Hauptleistungspflichten aus einem gegenseitigen Vertrag (zum Beispiel Zahlung des Kaufpreises gegen Übergabe und Übereignung der Kaufsache). Auch hier muss die synallagmatische Gegenleistung fällig und durchsetzbar sein. Das wäre zum Beispiel nicht der Fall, wenn eine Person vorleistungspflichtig wäre oder bereits erfüllt hat. 

Fazit

Wir sehen: manchmal kann sich der ganze Schwerpunkt einer Klausur in den Gegenansprüchen verstecken. Deswegen: Bitte nicht vergessen! Es ist hilfreich, immer klausurtaktisch zu denken, es ist quasi nie so, dass im Sachverhalt etwas Problematisches erwähnt wird, auf das man in seinem Gutachten gar nicht eingehen sollte. Im Grundstudium kommt man mit Aufrechnungen tatsächlich eher selten in Berührung, dafür ist es im ersten Staatsexamen absoluter Standard. In unseren Kursen bei der Akademie Kraatz bereiten wir euch genau darauf vor, jeden Klausursachverhalt auf die angelegten Probleme zu scannen und vor allem auch zu erkennen, wo man sie im Gutachten einbaut. Egal ob in der Jura Examensvorbereitung oder während des Studiums, wenn Ihr etwas Unterstützung im Zivilrecht gebrauchen könnt, dann vereinbart gerne einen kostenlosen Probetermin. Unsere erfahrenen Dozenten der Kraatz Group stehen euch vom Grundstudium über die Vorbereitung auf das 1. Staatsexamen, bis zum 2. Staatsexamen mit Rat und Tat zur Seite. Gerne deutschlandweit via Jura Online Lehre im Wege des Jura Einzelrepetitoriums.

Sophie Goldenbogen

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