- 24. Oktober 2025
- Posted by: Florian Bieker
- Category: Zivilrecht
 
		Die Einordnung des § 812 I 2 Alt.2 BGB im Bereicherungsrecht
Das Bereicherungsrecht (§§ 812 ff. BGB) ist im Zivilrecht von wesentlicher Bedeutung. Es wird zwar erst am Ende der zivilrechtlichen Prüfungsreihenfolge geprüft, aber das Rechtsgebiet ist anspruchsvoll. Es finden sich zahlreiche Anspruchsgrundlagen in den §§ 812 ff. BGB. Eine davon ist die condictio ob causa finitam gemäß § 812 I 2 Alt. 1 BGB. Die Schwierigkeit besteht dann oftmals darin, die richtige Anspruchsgrundlage in einer zivilrechtlichen Klausur, die sich unter anderem oder sogar schwerpunktmäßig im Bereicherungsrecht abspielt, zu identifizieren. Mit der richtigen Lernstrategie und der richtigen Prüfungsvorbereitung wirst Du darin geschult. Daher kannst Du den Blogbeitrag als erste Hilfestellung ansehen, um Dir Schritt für Schritt die condictio ob causa finitam näherzubringen.
I. Was ist die condictio ob causa finitam?
Die condictio ob causa finitam ist eine Leistungskondiktion und in § 812 I 2 Alt. 1 BGB geregelt.

Bereits aus der Lektüre des Gesetzes ergibt sich das Prüfungsschema. Dazu kannst Du Dir jetzt die Zeit nehmen und § 812 BGB nochmal gründlich lesen. Solltest Du Dir das Prüfungsschema (noch) nicht erschließen können, ist das kein Problem. Im folgenden Verlauf des Blogbeitrags wirst Du mehr darüber erfahren. Die Prüfungsämter (JPA) erwarten jedenfalls, dass Du die Prüfungsschema und Definitionen sicher beherrschst, wenn Du die richtige Anspruchsgrundlage identifiziert hast. Nun zurück zur condictio ob causa finitam gemäß § 812 I 2 Alt. 1 BGB.
1. Wie prüft man die condictio ob causa finitam?
Ein Anspruch aus condictio ob causa finitam gemäß § 812 I 2 Alt. 1 BGB gliedert sich zunächst in fünf Prüfungsschritte. Bei der condictio ob causa finitam hat der Anspruchsgegner durch Leistung des Anspruchsstellers etwas erlangt, der rechtliche Grund zum Behalten dürfen ist aber später weggefallen. Es ergibt sich folgendes Prüfungsschema.

a) Was bedeutet etwas erlangt?
Hier prüft man, ob der Bereicherungsschuldner etwas erlangt hat. Etwas Erlangtes ist jede vermögensrechtliche Position. Oftmals wird es um den Besitz und das Eigentum von Sachen gehen. Allerdings sind auch andere vermögensrechtliche Positionen denkbar. Ggf. kann schon in diesem Prüfungspunkt eine Schachtelprüfung erforderlich sein, wenn problematisch ist, ob der Kondiktionsschuldner überhaupt Eigentum erworben hat. Inzident sind dann hier die §§ 929 ff. BGB zu prüfen.
Hinweis/Tipp: Es existiert bereits ein Blogartikel der Kraatz Group zur condictio indebiti, wo der Prüfungspunkt ebenfalls relevant ist. Möchtest Du mehr zur condictio indebiti lesen, klicke auf Blogbeitrag – Die condictio indebiti (§ 812 I 1 Alt. 1 BGB).
b) Was heißt durch Leistung des Kondiktionsgläubigers?
Das Erlangte des Kondiktionsschuldners muss er durch Leistung des Bereicherungsgläubigers erlangt haben.
Leistung i.S.d. § 812 I 1 Alt. 1 BGB ist die bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens.
Kommt man zu dem Ergebnis, dass der Bereicherungsschuldner das Etwas nicht durch Leistung des Bereicherungsgläubigers erlangt hat, ist an die allgemeine Nichtleistungskondiktion zu denken. Diese ist jedoch subsidiär und gesperrt, wenn irgendeine vorrangige Leistung an den Kondiktionsschuldner gegeben ist.
c) Was bedeutet ohne Rechtsgrund?
Rechtsgrund ist jeder materiell-rechtliche Grund zum Behaltendürfen. Hier ist auch an vielerlei Rechtsgründe zu denken, wie Kaufverträge, Werkverträge oder Arbeitsverträge beispielsweise. Auch eine echte berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag kann einen Rechtsgrund zum Behaltendürfen darstellen. Ggf. sind auch hier inzidente Schachtelprüfungen derart erforderlich, ob ein solcher Rechtsgrund tatsächlich gegeben ist. Dieser Rechtsgrund muss dann später weggefallen sein. Bestes Beispiel ist hier eine auflösende Bedingung gemäß § 158 II BGB. Ein weiterer Hinweis an der Stelle ist, dass Du bei der Anfechtung aufpassen musst, wie Du sie einordnest. Ordnest Du sie bei der Prüfung „Anspruch erloschen“ ein, so musst Du bei einem Rückforderungsanspruch die condictio ob causa finitam prüfen, da zunächst ein Anspruch bestand, welcher jedoch nachträglich erloschen ist. Prüfst Du die Anfechtung dagegen bei „Anspruch entstanden“, ist die condictio indebiti zu prüfen.
d) Welche Ausschlussgründe sind bei der condictio ob causa finitam zu prüfen?
Bei der condictio ob causa finitam ist § 817 S.2 BGB analog heranzuziehen. § 814 BGB findet nur bei der condictio indebiti Anwendung. § 817 S.2 BGB analog deshalb, weil die Voraussetzungen einer Analogie gegeben sind (zu den Voraussetzungen vgl. Blogbeitrag „Die wichtigsten Prinzipien und Allgemeines aus dem BGB – für das Verständnis des Zivilrechts unverzichtbar“). Ein gutes Argument ist, dass in § 817 S.2 BGB ein allgemeiner Rechtsgedanke Ausdruck findet, der auch auf andere Leistungskondiktionen zu übertragen ist.
e) Was sind bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen die Rechtsfolgen?
Rechtsfolge ist primär die Herausgabe des Erlangten. Oftmals verlangt der Gläubiger die Herausgabe seiner Sache. Wie genau das zu erfolgen hat, bestimmt sich nach der Art des Gegenstands. Beispielsweise kann Eigentum durch Rückübereignung „herausgegeben“ werden, unmittelbarer Besitz dagegen durch bloße Herausgabe. Ist das, warum auch immer, nicht mehr möglich, ist ein Blick in § 818 BGB zu werfen.
Ein weiterer Sonderfall ist § 819 I BGB. Liegen die Voraussetzungen von § 819 I BGB vor, kann sich der Kondiktionsschuldner nicht mehr auf Entreicherung berufen. Das ist insbesondere bei Bösgläubigkeit der Fall. Bei Minderjährigen ist strittig, ob auf die Kenntnis der Minderjährigen oder die der gesetzlichen Vertreter (Eltern) abzustellen ist.
Tipp/Hinweis: Das ist ein Klausurklassiker. Gute Dozenten werden Dir dieses Problem näherbringen. Jura Nachhilfe oder Jura Einzelunterricht sind hier die effektivsten Möglichkeiten.
II. Was sind Unterschiede und Gemeinsamkeiten mit der condictio indebiti?
Es existieren einige Gemeinsamkeiten zwischen condictio indebiti und condictio ob causa finitam, aber auch einige Unterschiede. Um das für Dich verständlicher darzustellen, eignet sich folgende tabellarische Übersicht für Dich.
| Gemeinsamkeiten | Unterschiede | 
| Beides Leistungskondiktionen | § 814 BGB gilt nur für die condictio indebiti | 
| § 817 S. 2 analog gilt für beide Leistungskondiktionen | Rechtsgrund muss später weggefallen sein bei der condictio ob causa finitam | 
| Etwas erlangt des Anspruchsgegners | Einordnung der Anfechtung entscheidend für die einschlägige Leistungskondiktion | 
| Durch Leistung des Anspruchsstellers | |
| Prüfungsstandort im Gutachten | 
III. Falltraining
Um die abstrakten Kenntnisse der condictio ob causa finitam am Fall zu trainieren, eignet sich folgendes vereinfachtes Fallbeispiel. A und B einigen sich zum Bau eines Fertighauses zu einer Vergütung i.H.v. 250.000 €. Darüber hinaus ist in dem Vertrag festgehalten, dass an den Auftragnehmer B von Auftraggeber A eine Anzahlung i.H.v. 25.000 € zu leisten ist. Ferner wird vertraglich fixiert, dass der Bauvertrag unter der auflösenden Bedingung gem. § 158 II BGB geschlossen wird, die lautet: „Der Bauvertrag endet, wenn die zuständige Baugenehmigungsbehörde eine Baugenehmigung endgültig verweigert“. Der Auftraggeber A leistet die Anzahlung i.H.v. 25.000€ an Auftragnehmer B. Ein paar Tage später kommt es, wie es kommen musste. Die zuständige Baugenehmigungsbehörde verweigert die Baugenehmigung endgültig. A fordert daraufhin die Anzahlung von B zurück.
Hat A gegen B einen Anspruch auf Rückzahlung der Anzahlung i.H.v. 25.000 € ?
A.) Hat A gegen B vertragliche Ansprüche auf Rückzahlung der Anzahlung i.H.v. 25.000 €?
Vertragliche Ansprüche des A gegen B auf Rückzahlung der Anzahlung i.H..v. 25.000 € kommen im vorliegenden Fall nicht in Betracht.
B.) Hat A gegen B quasivertragliche oder dingliche Ansprüche auf Rückzahlung der Anzahlung i.H.v. 25.000 €?
Auch quasivertragliche oder dingliche Ansprüche des A gegen B auf Rückzahlung der Anzahlung i.H.v. 25.000 € sind nicht ersichtlich.
C.) Hat A gegen B bereicherungsrechtliche Ansprüche auf Rückzahlung der Anzahlung i.H.v. 25.000€?
Ansprüche aus dem Bereicherungsrecht könnten in Betracht kommen. Zunächst wäre an einen Anspruch aus condictio indebiti (§ 812 I 1 Alt. 1 BGB) zu denken. Darüber hinaus könnte auch A gegen B auch einen Anspruch aus condictio ob causa finitam (§ 812 I 2 Alt. 1 BGB) auf Rückzahlung der Anzahlung i.H.v 25.000€ haben.
I. Anspruch auf Rückzahlung aus condictio indebiti (§ 812 I 1 Alt. 1 BGB)
Für einen Anspruch aus § 812 I 1 Alt. 1 BGB ist es erforderlich, dass der Anspruchsgegner durch Leistung des Anspruchsstellers etwas ohne Rechtsgrund erlangt. Außerdem dürfen keine Ausschlussgründe für den Anspruch bestehen.
Tipp/Hinweis: Auch für die condictio indebiti existiert ein Blogbeitrag auf der Homepage der Kraatz Group für Dich. Möchtest Du jetzt oder anschließend mehr dazu lesen, klicke auf „Die condictio indebiti (§ 812 I 1 Alt. 1 BGB)“. Um die Abgrenzung der verschiedenen Anspruchsgrundlagen aus dem Bereicherungsrecht zu beherrschen, sind eine Jura Nachhilfe, Jura Kleingruppenunterricht oder ein Jura Einzelunterricht besonders effektiv.
1. Hat Anspruchsgegner B etwas erlangt?
Ja, Anspruchsgegner B hat Eigentum und Besitz am Bargeld i.H.v. 25.000 € bzw. bei Überweisung der Geldsumme einen Anspruch gegen die kontoführende Bank gemäß § 675t I BGB, sodass B einen vermögenswerten Vorteil und somit etwas i.S.d. § 812 I 1 Alt. 1 BGB erlangt hat.
2. Hat Anspruchsgegner B etwas durch Leistung des Anspruchsstellers A erlangt?
Ja, Anspruchsgegner B hat 25.000 € durch Leistung des Anspruchsstellers A erlangt, indem A bewusst und zweckgerichtet an B leistet.
3. Besteht ein Rechtsgrund für die Leistung der 25.000 € von A an B?
Ja, zum Zeitpunkt der Leistung von A an B bestand ein Rechtsgrund, mithin in der vertraglichen Vereinbarung zwischen A und B als materiell-rechtlicher Grund zum Behaltendürfen der Leistung. Die genaue Klassifikation des Vertragsverhältnisses kann dabei zunächst dahinstehen. Damit ist die Voraussetzung Leistung des Anspruchsstellers „ohne Rechtsgrund“ nicht erfüllt.
4. Zwischenergebnis: Anspruch des A gegen B auf Rückzahlung der Anzahlung i.H.v. 25.000 € gem. § 812 I 1 Alt. 1 BGB (condictio indebiti) scheidet aus.
II. Anspruch auf Rückzahlung aus condictio ob causa finitam (§ 812 I 2 Alt. 1 BGB)
Für einen Anspruch des A gegen B auf Rückzahlung der Anzahlung i.H.v. 25.000€ gem. § 812 I 2 Alt. 1 BGB ist es erforderlich, dass der Anspruchsgegner etwas durch Leistung des Anspruchsstellers erlangt hat und der Rechtsgrund später wegfällt.
1. Hat B etwas erlangt?
Ja, B hat Besitz und Eigentum an dem Bargeld i.H.v. 25.000 € oder einen Anspruch gegen die kontoführende Bank gem. § 675t I BGB erlangt, mithin Vermögenswertes Etwas. Solltest Du in der zivilrechtlichen Klausur mal gegen denselben Anspruchsgegner Anspruchsgrundlagen aus dem Bereicherungsrecht prüfen, wo der Prüfungspunkt „etwas erlangt“ mehrfach geprüft wird, kannst Du elegant nach oben verweisen und feststellen, dass der Anspruchsgegner etwas erlangt hat.
2. Hat B etwas durch Leistung des Anspruchsstellers erlangt?
Ja, B hat die 25.000 € auch durch Leistung des A erlangt. Auch hier gelten die Ausführungen zu „etwas erlangt“ unter „1.“ entsprechend.
3. Rechtsgrund später weggefallen
Weitere Voraussetzung ist, dass zunächst ein Rechtsgrund bestand, der später weggefallen ist. Auftraggeber A und Auftragnehmer B haben hier im vorliegenden Fall einen Bauvertrag gemäß § 650a I BGB geschlossen, indem sie sich zum Bau eines Fertighauses für eine Vergütung i.H.v. 250.000 € geeinigt haben. Darüber hinaus wurde vertraglich fixiert, dass dem Auftragnehmer B von Auftraggeber zunächst eine Anzahlung i.H.v. 25.000 € zu leisten ist, sodass grundsätzlich ein materiell-rechtlicher Grund zum Behaltendürfen und somit ein Rechtsgrund besteht. Ferner ist in dem Bauvertrag eine auflösende Bedingung gemäß § 158 II BGB fixiert, die festlegt, dass „Der Bauvertrag endet, wenn die zuständige Baugenehmigungsbehörde eine Baugenehmigung endgültig verweigert“. Laut Sachverhaltsangaben verweigert die zuständige Baugenehmigungsbehörde die Baugenehmigung nach ein paar Tagen endgültig. Damit ist der Rechtsgrund zum Behaltendürfen der Anzahlung nachträglich bzw. später weggefallen.
4. Sind Ausschlussgründe ersichtlich?
Nein, Ausschlussgründe sind hier nicht ersichtlich. Bei der condictio ob causa finitam ist nur an den § 817 S. 2 BGB analog zu denken, sofern der Ausschlussgrund in Betracht kommen könnte. Das ist hier nicht der Fall. Damit liegen alle Anspruchsvoraussetzungen vor, sodass der A gegen B einen Anspruch auf Rückzahlung der Anzahlung i.H.v. 25.000€ hat.
IV. Fazit – So gelingt die Prüfung der condictio ob causa finitam
Die Grundlagen des Bereicherungsrechts sind elementar, um die richtige Anspruchsgrundlage im konkreten Sachverhalt zu identifizieren und zu prüfen. Gerade das Bereicherungsrecht ist erfahrungsgemäß eine sehr unbeliebte Materie bei den Studierenden, sodass hier regelmäßiges Klausurentraining zu empfehlen ist. Dazu solltest Du darauf achten, dass Du auch so konkret wie möglich zitierst. Alleine im § 812 BGB finden sich 4 verschiedene Anspruchsgrundlagen. Das Prüfungsschema und die Definitionen der condictio ob causa finitam bilden dann die Grundlage für das Gelingen der Klausur. Das Bereicherungsrecht ist eine sehr beliebte Materie bei dem Justizprüfungsamt und wird oftmals abgeprüft, sodass Du Dir hier hier kein Lernen auf Lücke erlauben solltest.
Durch gezielte Jura Nachhilfe, Jura Kleingruppenunterricht oder den effektiven Jura Einzelunterricht wirst Du im Bereicherungsrecht bestens geschult.
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Ref. jur. Florian Bieker
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