- 5. März 2025
- Posted by: Sophie Goldenbogen
- Category: Zivilrecht

Das Kaufrecht wird im Studium und im Examen mit Abstand am häufigsten abgefragt. Besonderes Gewicht hat dabei das Mängelgewährleistungsrecht. Da der Verkäufer ein Interesse daran hat, seine Haftungsrisiken so gering wie möglich zu halten, wird er häufig versuchen, die Haftung auszuschließen oder zu begrenzen. In unserem heutigen Blogbeitrag möchten wir uns deswegen mit solchen Haftungsausschlüssen auseinandersetzen. Wir möchten dabei Grundlagen der Haftung aus dem Schuldrecht AT aufgreifen und dann konkret auf das kaufrechtliche Gewährleistungsrecht übertragen.
Wichtiger Tipp vorab:
Mach Dir bewusst, dass dieser Bereich hier zum Standardwissen für das 1. Staatsexamen zählt. In Deiner Klausur ist damit ein genaues Arbeiten, vor allem schematisches Arbeiten, unabdingbar. Deine Prüfer (übrigens waren einige unserer Dozenten Prüfer an verschiedenen Justizprüfungsämtern) werden hier genau hinschauen, weil sie einfach davon ausgehen, dass es Standardwissen ist. Verdeutliche Dir dabei unbedingt: Deine Prüfer werden Fehler im Bereich des Haftungsausschlusses im Kaufrecht mit nicht gerade wenigen Punktabzügen quittieren. Vor allem, weil auch das Thema der Haftungsausschlüsse im Kaufrecht “wunderbar” mit Thematiken der AGB Kontrolle und auch mit der Prüfung des Verbraucherschutzes sehr gerne kombinierbar ist. Insbesondere Themenfelder, die sich leicht mit anderen Bereichen des Zivilrechts (siehe auch die Grundprinzipien des Zivilrechts) kombinieren lassen, stehen bei den Prüfern im Rahmen der Erstellung von Klausuren ganz oben auf der Agenda. Deine Examensvorbereitung in Jura sollte daher auf solche Aspekte einen besonderen Fokus legen und Dein Jura Repetitorium sowieso, wenn nicht sogar schon eine eventuelle Jura Nachhilfe zur Vorbereitung auf Deine Zwischenprüfung.
Grundlagen der Haftung im BGB AT
Als Ausgangspunkt wählen wir § 276 BGB. Hier steht etwas ganz Selbstverständliches: Jeder Schuldner haftet grundsätzlich für Vorsatz und für Fahrlässigkeit. Fahrlässigkeit ist in § 276 Abs. 2 BGB definiert .
Die gleiche Wertung können wir auch der Vorschrift des § 823 Abs. 1 BGB entnehmen. Auch hier muss eine Person, die eine andere Person an ihren Rechtsgütern rechtswidrig verletzt, für alle daraus resultierenden, kausal-adäquaten Schäden einstehen, wenn die Person vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat.
Die verschiedenen Grade des Vorsatzes sind aus dem Strafrecht bestens bekannt. Es gibt den dolus directus ersten Grades, bei dem es dem Täter gerade auf die Schädigung ankommt. Dann gibt es den dolus directus zweiten Grades, bei dem der Täter die Schädigung für sicher hält. Schließlich gibt es noch den bedingten Vorsatz, bei dem die Schädigung für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen wird.
Wir fassen noch mal zusammen: Grundsätzlich hat eine Person für vorsätzliche und fahrlässige Pflichtverletzungen und rechtswidrige Rechtsgutsverletzungen einzustehen.
Haftungsausschluss für Vorsatz
276 Abs. 3 BGB stellt nun einen ganz wichtigen Grundsatz auf: Dem Schuldner kann im Vorfeld durch eine vertragliche Absprache die Haftung für Vorsatz nicht erlassen werden. Wenn also der A zu B sagt, ich würde dir gerne ins Gesicht schlagen, aber ich möchte dann nicht den Arzt bezahlen und B willigt ein, so hat der B gleichwohl gegen den A einen Anspruch auf Bezahlung des notwendigen Arztes aus 823 Abs. 1 BGB. Möglich ist natürlich unter bestimmten Umständen, dass der B nach der Schädigung dem A eine Schadensersatzpflicht erlässt.
Die gleiche Wertung gilt natürlich auch für jede vertragliche Haftung:
Taxifahrer T will den A schädigen und bietet ihm an, ihn von X nach Y zu fahren. Beim Einsteigen nimmt der Taxifahrer dem A aber das Versprechen ab, dass er, der Taxifahrer, nicht für eine vorsätzliche Schädigung haften will. Der A stimmt zu. Der Taxifahrer baut vorsätzlich einen Unfall, um den A zu schädigen. Hier hat trotz der Vereinbarung der A gegen den Taxifahrer einen Anspruch aus § 280 Abs. 1 BGB, da der Haftungsausschluss gemäß § 276 Abs. 3 nicht wirksam ist.
Vielen Studierenden kommt besonders das erste Beispiel komisch vor. Das liegt vermutlich daran, dass ein Einverständnis oder eine Einwilligung im Strafrecht regelmäßig die Strafbarkeit ausschließen.
Der Haftungsausschluss für Fahrlässigkeit
Im Umkehrschluss zu 276 Abs. 3 BGB gilt aber: Die Haftung für Fahrlässigkeit kann einem Schuldner im Vorfeld erlassen werden. Wenn A sich etwa vertraglich verpflichtet, den B in eine andere Stadt zu fahren, kann der A mit B vor der Fahrt Folgendes vereinbaren: „Ich hafte nicht dafür, dass du auf der Fahrt wegen eines fahrlässigen Fehlers von mir zu Schaden kommst“. Wenn der B hier zustimmt und auf der Fahrt wegen eines fahrlässigen Versehens des A zu Schaden kommt, so hat der B keine Schadensersatzansprüche gegen den A.
Der Haftungsausschluss für Erfüllungsgehilfen
Viele Schuldner bedienen sich zur Erfüllung einer Verbindlichkeit eines Erfüllungsgehilfen. Es könnte zum Beispiel sein, dass sich der A vertraglich verpflichtet hat, den B nach X zu fahren. A hat aber dann doch keine Zeit und bittet daher den E, die Fahrt für ihn zu übernehmen. Natürlich kann auch hier der A die Haftung für einen fahrlässigen Fehler des Erfüllungsgehilfen ausschließen. § 278 S. 2 BGB ermöglicht aber etwas, was dem A für sein eigenes Verhalten nicht möglich wäre: Die Vorschrift sagt nämlich, dass § 276 Abs. 3 BGB nicht gilt. Das bedeutet: Ein Schuldner kann nicht nur die Haftung für Fahrlässigkeit des Erfüllungsgehilfen ausschließen, er kann sogar eine Haftung für den Fall ausschließen, in dem der Erfüllungsgehilfe den Gläubiger vorsätzlich schädigt. Schauen wir uns das noch mal an einem Fallbeispiel an. Wenn sich der A verpflichtet hat, den B von X nach Y zu fahren, aber dann selbst keine Zeit hat, kann er den E bitten, den Transport für ihn durchzuführen. In diesem Fall ist E der Erfüllungsgehilfe des A. Der E sieht nun die Gelegenheit gekommen, um den ihm verhassten B endlich zu schädigen und baut vorsätzlich einen Unfall, um dem B Schaden zuzufügen. Für diese Schädigung müsste der A grundsätzlich einstehen gemäß § 280 Abs. 1 BGB, da er sich die Schädigungshandlung/ Pflichtverletzung des Erfüllungsgehilfen gemäß § 278 S. 1 BGB zurechnen lassen muss wie eigenes Handeln. Wenn A allerdings im Vorfeld mit dem B einen Haftungsausschluss für Fehler des Erfüllungsgehilfen ausgeschlossen hat, entgeht A der Haftung gegenüber B und dem B bleiben nur Schadensersatzansprüche aus Deliktsrecht gegen dem Erfüllungsgehilfen E.
Haftungsausschlüsse in AGB
Nur kurz sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass derartige Haftungsausschlüsse nur dann so einfach wirksam sind, wenn sie nicht durch eine AGB in den Vertrag eingebracht werden. Es muss sich also um eine verhandelte Abrede handeln. Finden sich derartige Haftungsausschlüsse stattdessen in AGB, so sind diese Ausschlüsse an § 309 Nr. 7 BGB zu messen. Dieses Thema soll hier aber nur angerissen werden.
Haftungsausschlüsse im Kaufrecht
Das bisher Gesagte soll verdeutlichen, dass es durchaus möglich ist, seine Haftung auszuschließen. Wie so oft gilt im Grundsatz Privatautonomie. Wenn der vertragliche Gegenüber sich darauf einlässt, so ist hierbei nichts zu bemängeln. Das Gleiche gilt für Haftungsausschlüsse im Kaufrecht. Aus der Existenz des § 444 BGB kann man schließen, dass ein Verkäufer die Möglichkeit hat, eine Haftung für Mängel beim Verkauf einer Sache auszuschließen. Im Bereich des Mängelgewährleistungsrechts ist der Anreiz, die Haftung für Mängel auszuschließen, zudem besonders hoch. Denn bei Nacherfüllung, Minderung und Rücktritt haftet der Verkäufer verschuldensunabhängig.
Ein Beispiel: Verkäufer V hat eine Sache vor vielen Jahren gekauft und will sie jetzt an den K verkaufen. Seines Wissens nach hat die Sache keine Mängel. Natürlich gibt es aber manchmal nicht erkennbare Mängel, die der V auch bei bester Prüfung der Sache nicht herausfinden kann. In so einem Fall ist es legitim, dass sich der V gegenüber dem K davor absichern will, dass K von ihm Nacherfüllung verlangen kann. Denn das könnte den V unter Umständen teuer zu stehen kommen. Schließlich ist der Nacherfüllungsanspruch nicht davon abhängig, dass der Verkäufer den Mangel hätte erkennen können oder ähnliches. Natürlich kann der Verkäufer im Grundsatz bei demjenigen, von dem er die Sache gekauft hat, Regress nehmen. In vielen Fällen ist das aber nicht so einfach, zum Beispiel, weil die Ansprüche des Verkäufers bei der Person, die ihm die Sache verkauft hat, inzwischen verjährt sind, oder der Dritte nicht mehr auffindbar ist. Genau deshalb sollten oder werden Verkäufer einen Haftungsausschluss vereinbaren (und zwar am besten als Individualabrede). Aus der Sicht des Käufers sollte man sich diesen Haftungsausschluss allerdings etwas kosten lassen. In der Regel bedeutet das, dass der Käufer weniger Kaufpreis zahlen muss.
So wie man die Haftung für vorsätzliche Schädigungen nicht ausschließen kann, stellt § 444 BGB nun aber etwas ganz Ähnliches fest. Wenn der Verkäufer einen Sachmangel, den der Käufer nach der Übereignung entdeckt, bei Vertragsschluss kannte und diesen Mangel arglistig verschwiegen hat, so kann er sich natürlich nicht auf den Haftungsausschluss berufen. Das Gleiche gilt, wenn er eine Garantie für eine bestimmte Eigenschaft übernommen hat.
Außerdem hat der Gesetzgeber entschieden, dass eine Gruppe von Käufern ganz besonders vor Haftungsausschlüssen geschützt werden soll, nämlich die Verbraucher. Für den Verbrauchsgüterkauf stellt § 476 Abs. 1 BGB klar: Eine Abrede, die im Vorfeld getroffen wurde und die Rechte des Käufers in Bezug auf einen Mangel schmälert, ist unwirksam .
Ein Unternehmer kann also gegenüber einem Verbraucher nicht im Vorfeld die Haftung für später auftretende Mängel ausschließen. In gleicher Weise kann also der Unternehmer Verkäufer einem Verbraucher auch nicht das Recht zur Minderung und zum Rücktritt nehmen.
Fazit
Wir sehen – die Grundsätze der Haftungsausschlüsse sind erst einmal simpel. Während die Haftung für vorsätzliche Schädigungen nach § 276 Abs. 3 BGB nicht ausgeschlossen werden kann, ist ein Haftungsausschluss für fahrlässiges Verhalten grundsätzlich möglich. Besonders im Kaufrecht sind Haftungsausschlüsse für Mängel weit verbreitet, da Verkäufer sich vor unvorhersehbaren Nacherfüllungsansprüchen schützen möchten. Allerdings gibt es gesetzliche Grenzen: So ist ein Ausschluss unwirksam, wenn der Verkäufer einen Mangel arglistig verschweigt oder eine Garantie übernommen hat (§ 444 BGB). Verbraucher genießen zudem einen besonderen Schutz, da Haftungsausschlüsse durch § 476 Abs. 1 BGB begrenzt werden. Unterschätzt wird zudem oft der Zusammenhang von § 276 Abs. 3 BGB i.V.m. § 278 S. 2 BGB.
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Sophie Goldenbogen
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