Die fahrlässige Willenserklärung? Drei Probleme verknüpft lernen

Klausurbedeutung der “fahrlässigen Willenserklärung”

Die richtige Darstellung des Streitstandes ist alles

„Fahrlässige Willenserklärung“: Drei Probleme verknüpft lernen. Das Jurastudium besteht bekanntermaßen auch darin, sehr viele Meinungsstreitigkeiten kennenzulernen. Das gute und konzertierte Darstellen von Meinungsstreiten führt dann in den meisten Fällen auch zu einem Prädikatsexamen in Jura. Das nicht ordentliche Darstellen von Streitständen führt oft nur zu einer Bewertung im Bewertungsbereich der Note “Ausreichend”. Tatsächlich ist in fast jeder Jura Examensklausur ein Klassikerproblem enthalten, zu dem es einen Streitstand gibt. Man liest dann, dass zu einem ganz speziellen Problem zwei oder mehrere Ansichten vertreten werden. Viel wichtiger als zu jedem Problem einen Streitstand auswendig zu lernen, ist aber, zu verstehen, worum es geht. Dadurch sparst Du Dir viel Zeit und kannst auch besser mit unbekannten Problemen umgehen.

Zeige in der Jura Klausur, dass Du das Problem verstanden hast

Darum geht es bei Deiner Examensvorbereitung in Jura: Lerne nicht auswendig. Lerne auf “Verstehen”. Denn nur damit befüllst Du Deinen sogenannten “Juristischen Handwerkskoffer”. Nur dieser gut gefüllte Koffer wird Dir den Erfolg im Examen ermöglichen. Das Geheimnis ist: verstandenes Wissen, nicht stupide auswendig gelerntes Wissen. Die erste juristische Staatsprüfung ist eine VERSTÄNDNISPRÜFUNG des materiellen Rechts. Du wirst nicht belohnt und mit Punkten überschüttet, wenn Du auswendig gelerntes Wissen “herunterspulst”. Wir sind eben nicht mehr in der Schule, in der Du noch die Note 1 erhalten hast für “nachgeplapperte” Gedichte. Erfolg in Jura heißt immer: logisches Denken, Abprüfen der Tatbestandsmerkmale auf den konkret bezogenen Fall. Das ist es, worum es geht. Und genau das werden wir Dir in unserem Jura Repetitorium beibringen, nichts anderes. Für Deinen Erfolg im Examen und der Zwischenprüfung in Jura.„Fahrlässige Willenserklärung“: Drei Probleme verknüpft lernen, bedeutet eben auch “zu verstehen”!

In unserem heutigen Beitrag möchten wir uns mit einer Argumentationsfigur auseinandersetzen, die man für gleich drei Probleme anwenden kann. Sozusagen: drei in eins. Übrigens BGB AT Willenserklärungen – gehört am Ende zu den Grundlagen. Das musst du draufhaben. Die wichtigste Norm, um die es geht, ist hier der § 130 BGB.

Worum geht’s?

Es geht um Situationen, in denen jemand durch eine Form von Fahrlässigkeit dafür sorgt, dass es so aussieht, als hätte er eine Willenserklärung abgegeben. Die drei Fälle, um die es heute geht, sind:

1. Das fehlende Erklärungsbewusstsein

Der bekannteste Fall ist der Trierer Weinversteigerungsfall. Hier geht es kurz gesagt darum, dass jemand bewusst handelt – zum Beispiel dem Auktionator bei einer Versteigerung zuwinkt – aber dabei nicht das Bewusstsein hat, etwas rechtlich relevantes zu erklären. Eigentlich wollte man den Auktionator nur grüßen und ist sich nicht darüber bewusst, dass es so aussieht, als würde man ein Angebot abgeben. Sowohl für den konkreten Empfänger der Handlung als auch für einen objektiven Empfänger in einer vergleichbaren Situation erscheint es aber so, dass der Handelnde eine rechtliche Erklärung abgeben will.

2. Die abhandengekommene Willenserklärung

Bei diesem Problem handelt es sich kurz gesagt um Folgendes: Eine Person hat eine Willenserklärung bereits mit Erklärungsbewusstsein formuliert, aber diese noch nicht willentlich abgegeben. Zum Beispiel hat jemand bereits die schriftliche Erklärung verfasst, in einen Brief gepackt und frankiert, sich aber noch nicht entschlossen, den Brief zur Post zu bringen. Der Brief liegt nun auf dem Schreibtisch und ein Mitbewohner oder ein Familienmitglied entscheidet sich nun aus Nettigkeit den Brief zur Post zu geben, weil diese Person denkt, dass dieser Brief zur Post aufgegeben werden soll. Auch hier stellt sich die Frage, ob der Handelnde bzw. der Erklärende aus einem etwaigen Vertrag haften muss oder nicht.

3. Die Anscheinsvollmacht

Bei der Anscheinsvollmacht (lies Dir auch gerne zu den Grundlagen der Stellvertretung unseren anderen Blogartikel durch!) stellt man fest, dass irgendeine Person im Namen einer anderen Person mehrfach Willenserklärungen abgegeben hat. Derjenige, in dessen Namen gehandelt wurde, hat die andere Person aber nicht rechtsgeschäftlich bevollmächtigt, weder ausdrücklich noch konkludent. Es wird auch keine Genehmigung des Handels ohne Vertretungsmacht erteilt. Allerdings hätte der „Vertretene“ bei Einhaltung der üblichen Sorgfalt merken müssen, was da vor sich geht.

Die Gemeinsamkeiten

In allen drei Fällen ist es jeweils umstritten, ob die Person, die den fahrlässigen Fehler gemacht hat, aus einem Vertrag haften muss oder nicht. Im Fall des fehlenden Erklärungsbewusstseins hat der Handelnde etwa fahrlässig verkannt, dass andere meinen, dass er eine rechtlich relevante Erklärung abgeben will. Im Fall der abhanden gekommenen Willenserklärung hat der Erklärende einen fahrlässigen Fehler begangen, weil er einen bereits frankierten Brief offen auf dem Tisch liegen lässt, sodass man den Eindruck gewinnen kann, dass er zur Post gegeben werden soll. Und im Fall der Anscheinsvollmacht liegt der Fehler offensichtlich darin, dass man hätte erkennen müssen, dass eine andere Person in dessen Namen eine Willenserklärung abgibt und man nichts dagegen getan hat.„Fahrlässige Willenserklärung“: Drei Probleme verknüpft lernen, heisst eben auch immer Gemeinsamkeiten zu verstehen und Unterschiede nicht unter den Tisch zu kehren. Das wollen Deine Prüfer sehen.  

Herrschende Meinung: Die Erklärungstheorie

Die herrschende Meinung sagt in allen drei Fällen, dass derjenige, der einen fahrlässigen Fehler begeht, für diesen Sorgfaltsverstoß gegenüber einem Gutgläubigen aus einer Form von Rechtsscheinhaftung haften muss. Es sei ein allgemeiner Grundsatz, dass derjenige, der zurechenbar einen Rechtsschein setzt, gegenüber einem Gutgläubigen dafür einstehen muss. Das zeigt nicht zuletzt die Wertung des § 119 BGB. Denn dort ist ja geregelt, dass jemand, der sich geirrt hat, zunächst erst einmal trotzdem eine wirksame Willenserklärung abgegeben hat, sich dann aber wieder über eine Anfechtung lösen kann. Man könnte also in allen drei Fällen zu dem Ergebnis kommen, dass grundsätzlich ein Vertrag zustande kommt, der dann aber durch die Person, die den fahrlässigen Fehler begangen hat, wieder angefochten werden kann. Der Dritte ist dann insoweit auf Ansprüche aus § 122 BGB und Ansprüchen aus vorvertraglicher Haftung (c.i.c.) beschränkt und geschützt.

Kurzer Tipp:

Schreibe in Deiner Klausur bitte niemals hin “herrschende Meinung”. Was die herrschende Meinung ist, muss sich aus der Menge und vor allem der Qualität Deiner Argumente ergeben. Klausurtaktische solltest Du Dich bitte IMMER in einer Klausur für die herrschende Meinung entscheiden. Warum? Weil der weitere Verlauf Deiner Klausur davon abhängen wird, ob Du zu den weiteren Problemen des Falles kommst, oder eben nicht. Das bringen wir Dir auch schon frühzeitig im Rahmen unserer effektiven Jura Nachhilfe bei. So und nicht anders wirst Du den kompletten intellektuellen Rahmen einer Jura Klausur ausschöpfen können. Der nächste Streit ist immer “Dein nächster Glücksbringer” 🙂 (weil es viele Punkte gibt :)).

Gegenansicht: Die Willenstheorie

Die Gegenansicht bildet eine Schule, die der Meinung ist, dass aus einem fahrlässigen Versehen niemals eine vertragliche Haftung begründet werden darf. Etwas hochgestochen ausgedrückt: Fahrlässigkeit sei kein hinreichender Zurechnungsgrund für eine vertragliche Haftung. Diese Ansicht pocht also auf den Gedanken der Privatautonomie. Wenn eine Person keinen Vertrag will, dann kann es dahingehend auch keine wirksame Willenserklärung geben. Diese Meinung sagt also im Fall des fehlenden Erklärungsbewusstseins, dass das Erklärungsbewusstsein konstitutiv für eine Willenserklärung sei. Bei der abhandengekommenen Willenserklärung, dass die Willenserklärung nicht willentlich abgegeben wurde, sondern bloß abhandengekommen ist. Und die Anscheinsvollmacht hält sie schon für sich genommen für unzulässig. Neben der Privatautonomie wird insbesondere die Wertung des § 118 BGB herangeführt. Wir sehen also: Alle drei Probleme kreisen darum, ob die Situation eher über § 118 oder über § 119 BGB gelöst werden soll. Was ist die Wertung des § 118? Die Willenstheorie sagt: Hier ist doch eindeutig der Fall des fehlenden Erklärungsbewusstseins gesetzlich geregelt und zugleich angeordnet, dass ohne Erklärungsbewusstsein keine Willenserklärung vorliegt. Diese Wertung muss man auch auf die anderen drei Fälle übertragen.

Spezialstreit bei der Anscheinsvollmacht

Bei der Anscheinsvollmacht ist es umstritten, ob diese angefochten werden kann.

Eine Ansicht: der BGH

Der BGH verneint das.

Gegenansicht: Literatur

Die Gegenansicht ist der Meinung, dass auch eine Anscheinsvollmacht anfechtbar ist. Zur Begründung kann man heranziehen, dass es doch keinen Unterschied machen kann, ob man eine Erklärung, die man ohne Erklärungsbewusstsein abgegeben hat, anfechten kann (so die ganz herrschende Meinung heute) oder ob man aus einer Anscheinsvollmacht für einen fahrlässigen Fehler haftet. Auch hier zahlt es sich aus, wenn man vorher verknüpft gelernt hat. Genau das zeigen wir Dir (unter anderem) im Rahmen unseres Jura Repetitoriums auf. Gerne auch via Jura Online Lehre per ZOOM und Lernvideos. Ansonsten auch gerne vor Ort mit dem Jura Repetitorium Köln, Jura Repetitorium Frankfurt am Main oder Jura Repetitorium Bielefeld. Am besten direkt per Jura Einzelunterricht für Deinen maximalen Erfolg.

Zusammenfassung und Fazit

Wenn ihr in euren ersten Semestern Karteikarten schreibt, dann schaut immer, ob es zwischen den Problemen inhaltliche Überschneidungen und Verknüpfungen gibt. Das spart nicht nur Zeit, sondern kann bei eurer Argumentation in der Klausur auch richtig Punkte bringen. Wer nämlich die Parallelen zu ähnlichen Fällen erkennt, zeigt dem Korrektor, dass er ein weitreichendes Verständnis der Systematik des Zivilrechts hat. Heute haben wir uns das an einem Beispiel aus dem BGB AT angesehen, es gibt aber noch zahlreiche weitere.„Fahrlässige Willenserklärung“: Drei Probleme verknüpft lernen, sollte jetzt “sitzen” :).

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Sophie Goldenbogen

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