Grundlagen zur Abtretung und dem Übergang von akzessorischen Sicherungsrechten

In diesem Beitrag wollen wir uns mit den grundlegenden Aspekten der Abtretung von Forderungen beschäftigen und inwieweit die Abtretungsregeln beim Übergang von akzessorischen Sicherungsrechten relevant werden. Die Abtretung gehört zunächst einmal zum Schuldrechts AT und spielt auch in vielen Klausuren eine wichtige Rolle. Gut kombinieren lassen sich Abtretungsproblematiken aber insbesondere im Zusammenspiel mit dem Sachenrecht, beim Übergang akzessorischer Sicherungsrechte, wie etwa Bürgschaften oder Pfandrechte. Daher lohnt es sich, hier verknüpft an Beispielen zu lernen.

Einführung in die Abtretung

In den ersten Semestern des Jurastudiums wird oft die Übertragung von Eigentum an beweglichen Sachen behandelt. Bei dieser Übertragung geht es darum, das Eigentum an einer bestimmten Sache von einer Person auf eine andere zu übertragen. Ein einfaches Beispiel: Person A ist Eigentümerin eines Fußballs, den sie an Person B gem. § 929 S. 1 BGB übereignen will. Diese Übertragung wird auch als Zweiterwerb von Eigentum bezeichnet und sie somit von dem sog. Ersterwerb von Eigentum abgrenzen. Ein Beispiel für den Ersterwerb von Eigentum wäre die Ersitzung gemäß § 937 BGB, bei der jemand durch ununterbrochenen Eigenbesitz einer Sache für eine bestimmte Zeit auch ohne Übertragung des Eigentums zum Eigentümer wird. Es hat also nichts damit zu tun, dass einer als Erster und dann ein anderer als Zweiter Eigentum erwirbt. Es geht vielmehr darum, ob jemand Eigentum an einer Sache derivativ, also abgeleitet von einer anderen Person übertragen bekommt, oder ob die Person originär, also nicht von einer anderen Person abgeleitet, Eigentum erwirbt.

Nun übertragen wir diese Überlegungen auf die Abtretung. Die Abtretung bezieht sich auf die Übertragung einer Forderung von einer Person auf eine andere, geregelt in § 398 BGB. Sie stellt also den Zweiterwerb der Forderung dar. Was genau bedeutet hier aber nun Ersterwerb einer Forderung? Wenn Person A und Person B beispielsweise einen Kaufvertrag über einen Ball für 20 € abschließen, entstehen daraus Forderungen zwischen A und B. Der Verkäufer (Person A) hat dann einen Anspruch auf den Kaufpreis, der Käufer (Person B) einen Anspruch auf die gekaufte Ware. Diese Forderungen sind demnach originär erworben, durch Ersterwerb.

Wozu braucht man nun die Abtretung?

Angenommen, der Verkäufer hat bereits den Ball übereignet und übergeben, aber hat noch keinen Kaufpreis erhalten. Wenn es dem Verkäufer jetzt zu blöd ist, dem Käufer weiter hinterherzulaufen, um den Kaufpreis einzutreiben, so sollte er in Erwägung ziehen, die Forderung an jemand anderen zu verkaufen, zum Beispiel an ein Inkassounternehmen. In der Regel sollte der Kaufpreis geringer sein als die Forderung wert ist. Der Verkäufer könnte also die Kaufpreisforderung in Höhe von 20 € für 15 € an das Inkassounternehmen verkaufen. Die Idee: der Verkäufer hat sofort immerhin den größten Teil seines Geldes (15 €) und muss sich um nichts mehr kümmern. Das Inkassounternehmen hat dagegen eine Forderung gegen K in Höhe von 20 €, die es eintreiben kann, und kann so versuchen, aus der Differenz zum Preis der Forderung Gewinn (5 €) zu machen.

Wie funktioniert der Verkauf einer Forderung nun rechtlich? Bei einem solchen Forderungsverkauf handelt es sich um einen Kaufvertrag, und zwar einen Kaufvertrag über Rechte im Sinne des § 453 BGB. Die Vorschriften, die wir über andere Kaufverträge kennen, finden ganz normal Anwendung. Durch einen solchen Kaufvertrag ist der Verkäufer der Forderung verpflichtet, dem Käufer der Forderung zu übertragen. Und diese Übertragung nennt man Abtretung. Und damit sind wir zurück im Sachenrecht. Die Abtretung funktioniert ganz ähnlich wie die Übereignung einer Sache. Beide Geschäfte sind Verfügungsgeschäfte. Beide Geschäfte sind Erfüllungsgeschäfte und beide Geschäfte teilen einen ganz ähnlichen Aufbau.

Es fällt auf, dass zwei Prüfungspunkte der Übereignung, die wir bereits kennengelernt haben, wegfallen. Während bei einer Übereignung gemäß § 929 S. 1 BGB natürlich die zu übereignende Sache übergeben werden muss, kann das bei einer Forderung nicht der Fall sein, da eine Forderung nicht gegenständlich ist. Dadurch fällt natürlich nicht nur der Prüfungspunkt der Übergabe weg, sondern auch die Prüfung, dass die dingliche Einigung noch bei der Übergabe vorliegen muss („Einigsein bei Übergabe“).

Die dingliche Einigung zur Übertragung der Forderung darf, wie auch die  dingliche Einigung bei § 929 S. 1 BGB, auf keinen Fall verwechselt werden mit dem Kaufvertrag. Bei der dinglichen Einigung bietet der Veräußerer der Forderung dem Erwerber den Erwerb der Forderung auf dinglicher Ebene an. Der Erwerber muss dieses Angebot annehmen.

Bei der Berechtigung wird das Gleiche geprüft wie bei der Übereignung: Es wird gefragt, ob der Veräußerer das hat, was er zu übertragen vorgibt. Es muss also an dieser Stelle geprüft werden, ob der Veräußerer der Forderung wirklich die Forderung in Höhe von 20 € wie in unserem Beispielfall besitzt. Das kann zu einer Inzidentprüfung zwingen.

Im Übrigen tritt bei der Abtretung bei der Prüfung der Berechtigung eine neue Frage hinzu: Anders als bei Eigentum etwa ist es bei Forderungen möglich, dass man auf dinglicher Ebene ein Verfügungsverbot vereinbart. § 137 BGB stellt eigentlich klar, dass Verfügungsverbote auf der dringlichen Ebene nicht wirksam sind. Wenn Person A an Person B Eigentum an einer Sache überträgt, so kann Person A auf dinglicher Ebene nicht wirksam untersagen, dass Person B das erworbene Eigentum nicht weiter an eine andere Person überträgt. Man kann zwar vertragliche Absprachen treffen, die dann eine schuldrechtliche Wirkung haben. Aber auf dinglicher Ebene kann man nicht ohne Weiteres einer anderen Person gewissermaßen die Berechtigung nehmen, Eigentum zu übertragen. Bei Forderungen ist das ganz anders! Das regelt § 399 BGB. Folgendes ist demnach zulässig: K und V schließen einen Vertrag, sodass der K dem V 20 € schuldet. Der K kann nun wirksam mit dem V eine Absprache treffen, wonach es für den V auf der Ebene der Abtretung unmöglich ist, die Forderung an eine weitere Person zu übertragen (sog. Abtretungsverbot i.S.d. § 399 BGB). Dass ein solches Abtretungsverbot gerade nicht vorliegt, wird im Rahmen einer Abtretung unter der Berechtigung geprüft.

Rechtsfolge der Abtretung

Gemäß § 398 BGB geht die Inhaberschaft der Forderung vom Veräußerer auf den Erwerber über, wenn die Voraussetzungen der Abtretung vorliegen. So wie der Inhaber von Eigentum bei einer Übereignung wechselt, wechselt bei einer Abtretung der Inhaber der Forderung.

Akzessorische Sicherungsrechte

Die zweitwichtigste Rechtsfolge einer Abtretung ist jedoch, dass gemäß § 401 BGB akzessorische Sicherungsrechte wie eine Bürgschaft oder Pfandrechte, die an der Forderung bestehen, auch mit auf den Erwerber der Forderung übergehen. In der Praxis hat das natürlich Auswirkungen auf den Preis einer solchen Forderung. Stellen wir uns in unserem Beispielfall vor, dass die Frau des Käufers zur Absicherung der Forderung des Verkäufers gegen den Käufer (20 €) eine Bürgschaft erteilt hat. Sie hat sich also durch Vertrag (§ 765 BGB) für den Käufer verbürgt. In so einem Fall würde unser Verkäufer der Forderung natürlich den Kaufpreis für die Forderung höher ansetzen als nur bei 15 €, denn er kann ja dem Inkassounternehmen die Forderung dadurch schmackhaft machen, dass er sagt: „Selbst wenn der Käufer selbst nicht in der Lage ist, die 20 € zu zahlen, gibt es ja noch die Bürgin, von der du auch die 20 € erhalten kannst.“ Damit das Inkassounternehmen auch an die Bürgin herankommt, muss die Bürgschaft natürlich zusammen mit der Forderung übergehen. Das Ganze passiert gemäß § 401 BGB kraft Gesetzes. Das bedeutet übrigens, dass die Bürgschaft auch dann mit der Forderung übergehen würde, wenn der Verkäufer der Forderung die Bürgschaft gegenüber dem Erwerber einer Forderung gar nicht erwähnen würde (was eher selten der Fall sein dürfte).

Es wird komplizierter…

Diese einfachen Zusammenhänge werden leider erst sehr spät von vielen Studierenden in ihrer Tragweite verstanden . Das Problem dabei ist, dass auf dem Weg zum Examen die Fälle natürlich immer komplizierter werden. In einigen Fällen stellt sich etwa heraus, dass die versprochene, akzessorische Sicherheit für die verkaufte Forderung gar nicht existiert. Oder es stellt sich heraus, dass weder die Forderung noch die Sicherheit existiert. Ein Verkäufer verkauft dann sozusagen eine mangelhafte Forderung, das heißt in solchen Fällen kann es auch um Gewährleistungsrechte-Klausur (§§ 437 ff.) gehen. Die ganze Frage um zu sichernde Forderungen und ihre Sicherheiten wird zudem umso schwieriger, wenn es um Pfandrechte an beweglichen Sachen oder um Pfandrechte an unbeweglichen Sachen, also beispielsweise Hypotheken , geht. Während es bei der Bürgschaft keinen gutgläubigen Zweiterwerb vom Nichtberechtigten gibt, wird sowohl beim Pfandrecht (§§ 1204 ff. BGB), bei der Hypothek (§§ 1113 ff. BGB), bei der Grundschuld (§§ 1191 BGB) als auch bei der Vormerkung (§§ 883 ff. BGB) der gutgläubige Zweiterwerb einer solchen Sicherheit vom Nichtberechtigten heißt diskutiert. Die Grundlagen sauber zu kennen, ist das Fundament für das Verständnis dieser Problem und die Basis einer guten Examensklausur.

Fazit

Wir hoffen, dass wir diese Grundlagen heute einmal gut nachvollziehbar für euch darstellen konnten. Wenn ihr noch mehr Beiträge zu aktuellen Fragen rund um das Zivilrecht lesen möchtet, abonniert gerne unseren Newsletter.

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Sophie Goldenbogen

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