- 24. Februar 2025
- Posted by: Sander Singer
- Category: Rechtsprechungsübersichten

BGH, Beschluss vom 14.08.2024 – 4 StR 251/24: Rauschmittelbedingte Fahruntüchtigkeit
Ein Klassiker im Examen – Verkehrsdelikte im Fokus
Straßenverkehrsdelikte sind ein Dauerbrenner – und das in beiden Staatsexamina, also sowohl im 1. als auch im 2. juristischen Examen. Warum das so ist? Die Erklärung ist simpel: Es handelt sich bei diesen Delikten um Massenerscheinungen der Alltagskriminalität, also um Straftaten, die nahezu täglich und in hoher Zahl in der strafrechtlichen Praxis auftreten. Für die Prüfer – häufig Staatsanwälte und Richter, die beruflich mit solchen Fällen betraut sind – liegt es daher nahe, diese praxisnahen Konstellationen in Examensklausuren abzuprüfen.
Dazu kommt: Die Verkehrsdelikte lassen sich didaktisch hervorragend mit anderen examensrelevanten Themenfeldern verknüpfen – insbesondere mit Körperverletzungs- und Tötungsdelikten, aber auch mit Delikten aus dem Nebenstrafrecht (z. B. das StVG oder das PflVG). Sie bieten also einen hohen Prüfungsnutzen, um juristisches Systemverständnis zu prüfen.
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 14. August 2024 – 4 StR 251/24 – gibt Anlass, sich erneut mit der strafrechtlich relevanten Fahruntüchtigkeit beim Drogenkonsum auseinanderzusetzen. Die dort behandelte Rechtsfrage ist für Studierende und Referendaren gleichermaßen prüfungsrelevant, da sie in Theorie und Praxis regelmäßig relevant wird.
Beachte:
Grundlagen wie diese, wenn Du sie richtig in Deiner Examensklausur umsetzt, können Dir viele Punkte bringen, aber auch viele Punkte am Ende des Tages kosten. Die Prüfer sind hier unnachgiebig (leider zu Recht, muss man konstatieren). Der Weg einer guten Examensvorbereitung in Jura führt immer über die Grundlagen. Vergiss das bitte nicht. Dein Jura Repetitorium sollte darauf unbedingt Wert legen. Andernfalls bringt die gesamte Examensvorbereitung nichts. Wenn Du schon ab dem Grundsemester ordentlich lernst und den Fokus auf die Grundlagen legst, so wirst Du Erfolg haben. Solltest Du Dir eine gute Jura Nachhilfe suchen, achte darauf, dass die Grundlagen berücksichtigt werden. Damit fängt immer alles an. Stell Dir Jura wie ein großes 30 stöckiges Haus vor, das Du errichtest. Es beginnt immer mit dem Ausschachten des Kellers und ein Stockwerk nach dem anderen wird aufgesetzt. Bei Jura ist es genauso. Wer also denkt, die Grundlagen zu vernachlässigen, wird damit dann leider de facto den “Einsturz” seines “Juragebäudes” erleben. Das ist im Jura Examen spätestens unausweichlich. Oft steht sodann der zweite Versuch in Jura (oder auch Zweitversuch genannt) an. Für manche Examenskandidaten, die das nicht verstehen wollen und wieder und wieder im gleichen (falschen) Rhythmus lernen, oft sogar der Letztversuch (oder auch letzte Versuch genannt) an. Früh übt sich, daher: Lerne bitte, bitte, bitte die Grundlagen vernünftig. Der Erfolg hängt im Examen nicht an den Spezialproblemen, sondern immer an den Grundlagen. Wenn Du das beachtest, wird der Erfolg DEIN sein! Dies auch, wenn Du Dich auf Deinen Verbesserungsversuch vorbereitest.
Der Sachverhalt – prüfungsorientiert aufbereitet
Der Täter T ist Schleuser. Auf seiner Tour durch Deutschland verbringt er insgesamt 25 türkischstämmige Personen – ohne gültige Aufenthaltserlaubnis – mithilfe eines Transporters über die deutsche Grenze. Nachdem er bereits einige geschleuste Personen abgesetzt hat und sich noch 14 Personen, davon eine auf dem Beifahrersitz und 13 ungesichert auf der Ladefläche befunden haben, wurde eine Polizeistreife auf den T aufmerksam, der den Transporter führte.
T ignorierte die polizeilichen Haltesignale und fuhr stattdessen mit teils hoher Geschwindigkeit von den Beamten davon. Hierbei überschritt er mehrfach die innerorts geltende Geschwindigkeitsbegrenzung und führte mindestens drei Fahrmanöver durch, die von den Beamten als „Beinaheunfälle“ bezeichnet wurden. Einmal schleuderte das Fahrzeug über einen Bahnübergang. Ein weiteres Mal kippte es bei einer Bordsteinberührung fast um. Zuletzt durchfuhr T einen Kreisverkehr entgegen dem Uhrzeigersinn und durch den Gegenverkehr.
Nachdem T durch die Beamten festgenommen wurde, wurde eine Blutentnahme durchgeführt. Hierbei stellte sich heraus, dass der T eine erhebliche Menge Methamphetamin und Amphetamine anderer Art konsumiert hatte.
Fraglich ist nun, ob sich T wegen einer Gefährdung des Straßenverkehrs gem. § 315c StGB strafbar gemacht hat.
Prüfungssystematik – So näherst Du Dich der Falllösung
- Überblick über die relevanten Vorschriften im Verkehrsrecht
Bevor es in die Einzelfallanalyse geht, lohnt sich ein kurzer systematischer Überblick:
- § 315b StGB: Gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr – erfasst äußere Eingriffe in den Verkehrsablauf. Nur beim sog. pervertierten Inneneingriff (z. B. vorsätzlich herbeigeführter Unfall) kann auch das Verhalten eines Verkehrsteilnehmers aus dem fließenden Verkehr heraus von § 315b StGB erfasst.
- § 315c StGB: Gefährdung des Straßenverkehrs – schützt konkret den Straßenverkehr vor gefährlichen Verhaltensweisen von innen, insbesondere durch Fahruntüchtigkeit (Nr. 1a) oder grob verkehrswidriges und rücksichtsloses Verhalten (Nr. 2).
- § 316 StGB: Trunkenheit im Verkehr – erfasst das Führen eines Fahrzeugs trotz Rauschmittels ohne Rücksicht auf eine konkrete Gefährdung; formell subsidiär zu § 315c StGB.
- § 315d StGB: Verbotene Kraftfahrzeugrennen – neuere Norm, häufig in Zusammenhang mit Alleinrennen und riskantem Fahrverhalten geprüft.
- Bei Unfällenist zudem immer an § 142 StGB (Unfallflucht) zu denken.
Weitere relevante Normen im Verkehrsrecht (v. a. für das 2. Examen oder den Aktenvortrag in der Staatsanwaltsklausur):
- § 21 StVG: Fahren ohne Fahrerlaubnis
- § 22 StVG: Kennzeichenmissbrauch
- § 6 PflVG: Fahren ohne Pflichtversicherung
- §§ 69 ff. StGB: Entziehung der Fahrerlaubnis als Maßregel
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Kernthema: Drogenbedingte Fahruntüchtigkeit (§ 315c Abs. 1 Nr. 1a StGB)
Im Fokus steht hier die Frage: Wann ist jemand infolge von Drogenkonsum fahruntüchtig im strafrechtlichen Sinne?
Bei der alkoholbedingten Fahruntüchtigkeit wird dies ab Erreichen der sog. absoluten Fahruntüchtigkeit unwiderlegbar vermutet. Die Grenze wird hier bei 1,1 Promille für Kraftfahrzeugführer (hierunter fallen auch E-Scooter!) und bei 1,6 Promille für Fahrradfahrer gezogen.
Bei anderen Substanzen müssen hingegen immer drogenbedingte Ausfallerscheinungen des Täters im konkreten Einzelfall positiv festgestellt werden. Im Gegensatz zu Alkohol gibt es hier derzeit aus wissenschaftlicher Sicht keine festen Grenzwerte.
Es bedarf deshalb nach Ansicht des BGH neben dem Blutwirkstoffbefund (Anm.: Feststellung einer Konzentration des Rauschmittels im Blut) noch „weiterer aussagekräftiger Beweisanzeichen, die im konkreten Einzelfall belegen, dass die Gesamtleistungsfähigkeit des betreffenden Kraftfahrzeugführers so weit herabgesetzt war, dass er nicht mehr fähig gewesen ist, sein Fahrzeug im Straßenverkehr eine längere Strecke, auch bei Eintritt schwieriger Verkehrslagen, sicher zu steuern.“
Vorliegend wurde festgestellt, dass T diverse Amphetamine, d.h. verbotene Rauschmittel, zu sich genommen hatte. Auch war seine Fahrweise gefährlich. Jedoch kann dem Sachverhalt nicht entnommen werden, dass die gefährliche Fahrweise auf die Drogen zurückzuführen war. Das gefährliche Fahrverhalten kann vielmehr auch durch den Fluchtwillen des T, der Polizei zu entkommen, bedingt sein.
Daher liegt vorliegend keine Fahruntüchtigkeit des T vor und er hat sich nicht gem. § 315c StGB strafbar gemacht.
Hinweis: Der Fall verdeutlicht einmal mehr, wie wichtig es ist, den Sachverhalt genau zu lesen. Vorliegend wird nur mitgeteilt, dass der T waghalsig fuhr und Drogen in seinem Blut festgestellt wurden. Informationen hinsichtlich der Frage, ob seine Fahrweise drogenbedingt war, sind hingegen nicht enthalten.
Fazit: Keine Strafbarkeit nach § 315c StGB
Im Ergebnis scheidet eine Strafbarkeit nach § 315c StGB aus, weil keine Fahruntüchtigkeit im Sinne der Norm festgestellt werden konnte. Auch wenn das Verhalten objektiv hochriskant war, lässt sich nicht beweisen, dass dies auf eine rauschmittelbedingte Leistungseinbuße zurückzuführen war.
Stattdessen könnte eine Strafbarkeit nach § 316 StGB oder § 315c Abs. 1 Nr. 2 (wegen grob verkehrswidrigem und rücksichtlosem Verhalten) näher geprüft werden – diese Frage war aber hier nicht Schwerpunkt der Entscheidung.
Examensrelevanz & Lerntipp
Dieser Fall eignet sich ideal für eine Examensklausur, weil er:
- die Unterschiede zwischen Alkohol- und Drogenfahruntüchtigkeit deutlich macht,
- ein klassisches Problem der Kausalität aufwirft (Drogenkonsum ≠ automatisch strafbare Fahruntüchtigkeit),
- zum präzisen Sachverhaltsverständnis anhält.
Ein häufiger Fehler in Klausuren ist die vorschnelle Annahme der Fahruntüchtigkeit bei Drogenkonsum. Der Fall zeigt exemplarisch, warum eine differenzierte und begründete Prüfung erforderlich ist. Genau das trainieren wir (unter anderem) sehr gerne mit Dir gemeinsam in unserem Jura Repetitorium München, Jura Repetitorium Köln, gerne auch in Düsseldorf, Frankfurt oder Tübingen. Via Jura Online Nachhilfe gerne auch sonst überall, egal wo Du Dich gerade befindest.
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Relevante Lerninhalte für Dein Examen
- Fahruntüchtigkeit bei Drogenkonsum (§ 315c Abs. 1 Nr. 1a StGB)
- Unterschied zu alkoholbedingter Fahruntüchtigkeit
- Gefährdung des Straßenverkehrs (§§ 315c, 316 StGB)
- Beweismaß bei Drogen im Blut
- Bedeutung zusätzlicher Ausfallerscheinungen
- Abgrenzung zu § 315d StGB (Alleinrennen)
- Prüfungsschema § 315c StGB im Überblick
Weitere relevante Entscheidungen
- BGH, Beschluss vom 08.10.2024 – 5 StR 382/24: Zur subjektiven Komponente bei gefährlichem Fahrverhalten unter Drogeneinfluss
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