- 20. Dezember 2024
- Posted by: Florian Bieker
- Category: Zivilrecht

Die Bürgschaft ist in den §§ 765 ff. BGB geregelt und stellt ein akzessorisches Sicherungsmittel dar und setzt ein bei den Klausurerstellern beliebtes Dreipersonenverhältnis voraus. Das stellt Studenten oftmals vor große Herausforderungen, da hier genau zwischen den im Sachverhalt vorhandenen Personen differenziert werden muss. Es ist genau darauf zu achten, welche Anspruchsrichtung abgefragt wird. Darüber hinaus sind viele Einwendungen, die eigentlich nur im Verhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner bestehen, aufgrund der Eigenschaft der Bürgschaft als akzessorisches Sicherungsmittel auch im Verhältnis zwischen Gläubiger und Bürge zu berücksichtigen. Das ermöglicht es dem Klausurersteller, eine komplizierte Klausur zu erstellen, auf die Du nach der Lektüre des Blogbeitrags besser vorbereitet sein solltest. Der Beitrag konzentriert sich auf die entscheidendsten Prüfungspunkte bei Ansprüchen des Gläubigers gegen einen Bürgen.
Die Bedeutung der Bürgschaft in der Klausur
Jeder Examenskandidat muss die Grundzüge der Bürgschaft beherrschen.
Tipp: Ich kann es nicht oft genug wiederholen: Achte bitte unbedingt auf die Grundlagen. Fehler in diesem Bereich sind für den Prüfer oft unverzeihlich und Deine Note landet dann leider sehr oft im Bereich des Nichtbestehens Deiner Klausur. Im schlimmsten Falle, wenn dann noch andere Klausuren “unter dem Strich” bewertet wurden, bist Du komplett im Jura Examen durchgefallen. Oft heißt es dann: Wiederholungsversuch bzw. Zweitversuch. Solltest Du vielleicht gar keinen Freischuss geschrieben haben, hast Du dann nur noch den Letztversuch. Also: Sorge bitte vor, indem Du auf die Grundlagen achtgibst. Dann wird alles gut und das ist es auch, was Deine Prüfer sehen wollen.
Nun aber weiter “im Text”: Besonders attraktiv und beliebt ist die Bürgschaft deshalb, weil ein Dreipersonenverhältnis nötig ist, um einen Bürgschaftsfall zu konstruieren. Die Kenntnis und richtige Anwendung der §§ 765 ff. BGB ist für das Gelingen einer Klausur elementar. Gerade weil die Bürgschaft so oft im Examen drankommt, darfst Du diesen Bereich auf gar keinen Fall auf Lücke lernen. Ich bin mir bewusst, dass sich viele Jurastudenten vor diesem Bereich hier scheuen und de facto “keine Lust” darauf haben. Aber nun ist das Jura Examen leider “kein Wunschkonzert”. Gerade auch die Abgrenzung (oft zu prüfen am Anfang Deiner Anspruchsprüfung (beim Entstehen der Bürgschaft nach § 765 BGB) zum Schuldbeitritt (führt zur Gesamtschuld nach § 421 BGB), zur Schuldübernahme nach den §§ 414 ff. und zur Garantie (§ 311 I BGB) sind hierbei beliebte “Punktbringer” in Deiner Klausur und ebnen Dir den Weg zum Prädikat.
Im heutigen Blogbeitrag wollen wir Euch daher das Wichtigste rund um die Bürgschaft und ihre Prüfung näherbringen.
Die Bürgschaft
1. Allgemeines
Wie eingangs erwähnt, ist die Bürgschaft in den §§ 765 ff. BGB geregelt und ein akzessorisches Sicherungsmittel. Die Akzessorietät bedeutet, dass die Bürgschaft von dem Vorliegen einer Hauptforderung abhängig ist. Vereinfacht gesagt bedeutet das, dass wenn die Hauptforderung erlischt, dann erlischt auch die Bürgschaft. Oftmals wird nach Ansprüchen vom Gläubiger gegen den Bürgen gefragt, weil der Schuldner insolvent ist. Anspruchsgrundlage ist hier § 765 I BGB i.V.m. der zu sichernden Forderung (z.B. § 488 I 2 BGB).
Zur Verdeutlichung folgende Personenskizze und Prüfungsschema.
Anspruchsgrundlage § 765 I i.V.m. der zu sichernden Forderung
- wirksam bestehende zu sichernde Forderung (§ z.B. § 488 I 2 BGB)
- wirksamer Bürgschaftsvertrag
- Schriftform (§ 766 S. 1 BGB)
- keine sonstigen Nichtigkeitsgründe
- keine Einwendungen aus dem Hauptschuldverhältnis
- keine Einreden nach § 770 BGB
- keine Einrede aus der zu sichernden Forderung § 768 I 1 BGB
- keine Einrede der Vorausklage § 771 BGB
2. wirksame bestehende zu sichernde Forderung
Hier prüft man ggf. inzident, ob die (Haupt)Forderung wirksam ist und besteht. Ergeben sich hier keine Probleme, hat man sich kurzzuhalten und in einem Satz festzustellen, dass beispielsweise im Verhältnis von Gläubiger zu Schuldner die zu sichernde Forderung § 488 I 2 BGB besteht.
3. wirksamer Bürgschaftsvertrag
Weitere Voraussetzung ist, dass ein wirksamer Bürgschaftsvertrag zwischen Gläubiger und Bürgen vorliegt. Dieser dient dazu, den Gläubiger im Falle der Insolvenz des Schuldners abzusichern. Zu beachten ist, dass die Bürgschaft gemäß § 765 II BGB auch für künftige oder bedingte Verbindlichkeiten übernommen werden kann. Abzugrenzen ist die Bürgschaft vom Schuldbeitritt, der Schuldübernahme gem. den §§ 414 ff. BGB und dem Garantievertrag. Ein Garantievertrag bedeutet, dass der Dritte verschuldensunabhängig für den Eintritt eines bestimmten Erfolgs einsteht. Schuldbeitritt heißt, dass der Dritte die Schuld als eigene übernimmt und eine Gesamtschuld entsteht. Ein Garantievertrag ist in der Regel sehr selten gegeben, weil hier zum Ausdruck kommen muss, dass der Dritte verschuldensunabhängig für einen gewissen Erfolg einsteht, was jedoch meistens nicht der Fall ist, weil dies zu einer sehr weiten Haftung führen würde. Ein Schuldbeitritt kann dagegen durchaus mal vorliegen und ist auch nicht ganz so leicht von der Bürgschaft abzugrenzen. Abzugrenzen ist anhand des Wortlauts des Vertrags (z.B. „ich bürge für die Schuld des XY“ oder „ich trete der Schuld des XY bei“). Ein weiteres Indiz für eine Bürgschaft ist unter anderem, wenn die Einrede der Vorausklage gemäß § 773 I Nr. 1 BGB ausgeschlossen wird. Außerdem hat der Bürge üblicherweise einen nachrangigen Haftungswillen. Bei dem Schuldbeitritt hat der Dritte dagegen einen gleichrangigen Haftungswillen und eigenes Interesse an der Erfüllung der Verbindlichkeit. Er tritt als Gesamtschuldner neben den ursprünglichen Schuldner. Bei der Schuldübernahme gelten im Übrigen die gleichen Grundsätze wie bei dem Schuldbeitritt, mit dem Unterschied, dass der ursprüngliche Schuldner aus der Haftung entlassen werden soll.
Ferner ist zu beachten, dass die zu sichernde Forderung hinreichend bestimmbar ist. Dies bedeutet, dass eine Forderung gesichert wird, die aus einem festgelegten Kreis an Rechtsbeziehungen entstehen kann.
4. Schriftform § 766 S. 1 BGB
Zur Gültigkeit des Bürgschaftsvertrags ist die schriftliche Erteilung der Bürgschaftserklärung nötig, § 766 S.1 BGB. Darüber hinaus ist wichtig, dass die Erteilung der Bürgschaft in elektronischer Form ausgeschlossen ist (§ 766 S.2 BGB) und sich in § 766 S.3 BGB eine Heilungsmöglichkeit findet, wenn die Schriftform missachtet wurde. Die fehlende Schriftform wird geheilt, wenn der Bürge die Hauptverbindlichkeit erfüllt.
Eine Ausnahme vom Schriftformerfordernis besteht unter anderem dann, wenn § 350 HGB einschlägig ist. § 350 HGB ist dann einschlägig, wenn es sich bei der Bürgschaft auf der Seite des Bürgen um ein Handelsgeschäft handelt. Ist das der Fall, ist § 766 S.1,2 BGB nicht anwendbar.
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5. keine sonstigen Nichtigkeitsgründe
Bei den sonstigen Nichtigkeitsgründen ist unter anderem an die Sittenwidrigkeit gemäß § 138 I BGB oder § 125 S.1 BGB.
Ferner kann der Bürge auch alle Einwendungen aus dem Bürgschaftsverhältnis dem Gläubiger entgegenhalten. Denkbar wäre hier unter anderem eine Anfechtung wegen widerrechtlicher Drohung § 123 I Alt. 2 BGB oder „der Exot“ § 777 BGB.
6. keine Einwendungen aus dem Hauptschuldverhältnis
Der Bürge kann auch die Einwendungen aus dem Hauptschuldverhältnis dem Gläubiger entgegenhalten. Dies folgt aus dem Grundsatz der Akzessorietät nach § 767 I 1 BGB. Dementsprechend sind hier ggf. alle in Betracht kommenden Einwendungen inzident zu prüfen. Zu denken wäre hier unter anderem an den Widerruf.
7. keine Einreden aus § 770 BGB
Hier kann der Bürge nach § 770 I BGB die Befriedigung des Gläubigers verweigern, solange dem Hauptschuldner das Recht zusteht, das seiner Verbindlichkeit zugrunde liegende Rechtsgeschäft anfechten zu können. Die gleiche Befugnis hat der Bürger, solange sich der Gläubiger durch Aufrechnung gegen eine fällige Forderung des Hauptschuldners befriedigen kann, § 770 II BGB.
8. keine Einrede aus dem Hauptschuldverhältnis § 768 I 1 BGB
Der Bürge kann die dem Hauptschuldner zustehenden Einreden geltend machen, § 768 I 1 BGB. Hier ist beispielsweise an die Verjährung nach § 214 I BGB oder die Einrede des nicht erfüllten Vertrages nach § 320 I 1 BGB zu denken.
9. keine Einrede der Vorausklage § 771 BGB
Demnach kann der Bürge die Befriedigung des Gläubigers verweigern, solange nicht der Gläubiger die Zwangsvollstreckung gegen den Hauptschuldner ohne Erfolg versucht hat, § 771 S.1 BGB. Dies bedeutet vereinfacht gesagt, dass der Gläubiger zunächst gegen den Schuldner vorgehen muss, um seine Forderung geltend zu machen. Hier ist jedoch zu beachten, dass unter gewissen Voraussetzungen die Einrede der Vorausklage ausgeschlossen ist. Zu denken ist hier an § 773 I BGB und § 349 HGB.
Fazit zur Bürgschaft
Die Bedeutung der juristischen Grundlagen der Bürgschaft sollte jedem Studenten und Referendar bewusst sein. Themen aus dem allgemeinen Bereich, wie beispielsweise die Formnichtigkeit § 125 S.1 BGB, die Anfechtung oder auch der Widerruf lassen sich mit einer Bürgschaft in einer Dreipersonenkonstellation integrieren und abprüfen, sodass die Bürgschaft im Rahmen der Klausurvorbereitung nicht vernachlässigt werden sollte, damit man diese Thematiken an der richtigen Stelle im Gutachten einbaut.
Die solide Kenntnis der Grundzüge der Bürgschaft gehört schon im 1. Staatsexamen zum Pflichtprogramm. Insbesondere ist im Rahmen des Gutachtens gründlich zwischen dem Bürgschafts – und Hauptschuldverhältnis zu differenzieren, auch wenn die Bürgschaft streng akzessorisch zum Hauptschuldverhältnis ist. Hierbei hilft eine vorab angefertigte Personenskizze mit allen rechtlichen Beziehungen zwischen den Personen. Außerdem solltet ihr Euch noch in der Skizze mit einem weiteren Pfeil deutlich machen, nach welcher Anspruchsrichtung gefragt wird. Das kann helfen, um in der Klausur den Überblick zu behalten.
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Florian Bieker
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