- 13. Februar 2024
- Posted by: Dr. Robert König
- Category: Zivilrecht

Für das Verständnis des Zivilprozessrechts ist die Kenntnis der Prozessmaximen der Zivilprozessordnung (ZPO) elementar, vor allem der wichtigsten Verfahrensgrundsätze der ZPO. Sie sind nicht nur regelmäßig Gegenstand von Examensklausuren, sondern auch in den mündlichen Prüfungen des 1. und 2. Examens ein beliebtes Thema. Kern hierbei sind die Verfahrensgrundsätze der ZPO.
Die Bedeutung der Verfahrensgrundsätze in der Klausur
Jeder Examenskandidat muss die Verfahrensgrundsätze (sog. Prozessmaximen) der ZPO beherrschen. Die grundlegenden Fragen des Zivilprozesses werden durch diese Verfahrensgrundsätze geregelt. Ihre Kenntnis ist elementar, um im Examen auch unbekannte zivilprozessuale Sachverhalte in den Griff zu bekommen. Die Prüfer gestalten Jura Examensklausuren oft in der Form, dass in die Prüfung des materiellen Rechts sehr oft über die ZPO Verfahrensgrundsätze eingestiegen wird. Ein Beispiel vorab: Einstieg in sachenrechtliche Examensklausuren über die Prüfung der Zulässigkeit und Begründetheit einer Drittwiderspruchsklage (§771 ZPO). Oder Verfahrensgrundsätze werden oft im 1. Examen als Zusatzfragen unten als letzter Bestandteil Deiner Examensklausur abgeprüft.
Wichtiger Tipp zu den Verfahrensgrundsätzen
Hebe Dich von anderen Bearbeitern ab, die die Verfahrensgrundsätze der ZPO nämlich (sehr oft!) auf Lücke gelernt haben (was ein typischer Fehler in Jura Klausuren ist). Deine Prüfer, gerade im 1. Staatsexamen werden es Dir mit vielen Punkten danken. Denn sie wissen, dass viele die Verfahrensgrundsätze der ZPO gar nicht oder nur rudimentär gelernt haben. Klausuren im Prädikatsbereich entstehen nämlich unter anderem dann, wenn Du Dich mit der Qualität Deiner Klausur im Vergleich zu anderen Bearbeitern abhebst (und zwar im Gesamtvergleich aller auf dem Korrekturstapel liegenden Klausuren).
Krassester Klausurhinweis zu den ZPO Verfahrensgrundsätzen
Solltest Du im umgekehrten Falle (siehe oben) die gleichen “Grundlagenfehler” wie alle machen, die auf dem Korrekturstapel liegen, wird sich das äußerst negativ auf Deine Bewertung auswirken. Im schlimmsten Falle ist Dein Prüfer genervt, weil er vielleicht den gleichen Fehler (nämlich das Nichtbeherrschen der Verfahrensgrundsätze der ZPO) jetzt genau bei Dir zum X-ten Male gelesen hat. Harte Punktabzüge sind die Folge. Vielleicht das Zünglein an der Waage für das Durchfallen durch das Jura-Examen.
Unablässlicher Hinweis:
Des Weiteren sehen es die Prüfer gerne, wenn die Prozessmaximen bei der Erörterung von Meinungsstreiten zur Untermauerung der eigenen Argumentation herangezogen werden. Das ist sowohl im ersten Staatsexamen als auch im zweiten Examen unabdingbar. Solch ein Aufzeigen von einem vernetzten Wissen, ist der Garant für eine Bewertung im Bereich des Prädikats in Jura. Sei Dir immer im Klaren darüber, dass die meisten Deiner Korrektoren im Examen nämlich Praktiker sein werden und nicht Professoren. Praktiker (Richter, Staatsanwälte, Behördenjuristen oder Rechtsanwälte) arbeiten jeden Tag mit der ZPO (also den Verfahrensgrundsätzen) und sind in diesen Bereichen selbstredend “fit wie ein Turnschuh”. Daher: zeig Ihnen, das Du es auch bist! 🙂
Im heutigen Blogbeitrag wollen wir Euch daher die wichtigsten Prozessgrundsätze der ZPO, die am häufigsten in Klausuren und mündlichen Prüfungen abgefragt werden, näherbringen.
Die wichtigsten Verfahrensgrundsätze in der ZPO
1. Dispositionsmaxime
Nach der Dispositionsmaxime des Zivilprozesses steht es grds. allen Prozessparteien zu, sowohl über den Klagegegenstand als auch den Beginn und das Ende des jeweiligen Prozesses zu bestimmen. Die Dispositionsmaxime des Zivilprozesses findet daher insbesondere in der Klageerhebung gem. § 253 I ZPO und der Klagerücknahme gem. § 269 ZPO Ausdruck.
Die Dispositionsmaxime ist von dem Offizialprinzip des Strafprozesses gem. § 152 I StPO abzugrenzen, nach welchem das Anklagemonopol bei der Staatsanwaltschaft liegt.
2. Beibringungsgrundsatz (Verhandlungsmaxime)
Nach dem Beibringungsgrundsatz aus § 282 ZPO (auch Verhandlungsgrundsatz, Verhandlungsmaxime oder Beibringungsmaxime genannt) bestimmen die Prozessparteien über den Umfang des Sachverhalts im Zivilprozess. Es liegt in ihrer Verantwortung, diejenigen Tatsachen, die dem Urteil zugrunde liegen, in den Prozess einzuführen.
So obliegt es primär Kläger und Beklagten, sich zu streitentscheidenden Tatsachen zu äußern und Beweisanträge zu stellen. Das Zivilgericht ermittelt im Normalfall hingegen nicht von Amts wegen, d.h. nicht aus eigenem Antrieb heraus.
Der zivilprozessuale Beibringungsgrundsatz unterscheidet sich damit erheblich von dem verwaltungsprozessualen Untersuchungsgrundsatz von Behörden gem. § 24 VwVfG und Gerichten gem. § 86 I VwGO sowie dem strafprozessualen Ermittlungsgrundsatz gem. §§ 155 II, 160 II, 163, 244 II StPO. Letztere zeichnen sich dadurch aus, dass die einschlägigen Behörden und Gerichte von Amts wegen dazu verpflichtet sind, einen Sachverhalt vollständig zu erforschen.
3. Anspruch auf rechtliches Gehör
Nach dem Grundsatz des Rechts auf ein rechtliches Gehör gem. Art. 103 I GG dürfen sich die Prozessparteien im zivilgerichtlichen Verfahren äußern, da sie nicht zum bloßen Objekt des Verfahrens degradiert werden sollen. Mithin haben Kläger und Beklagte das Recht, vom Gericht gehört zu werden.
4. Grundsatz der Mündlichkeit
Nach dem Mündlichkeitsgrundsatz gem. § 128 I ZPO darf nur der in einer Hauptverhandlung mündlich vorgetragene und erörterte Prozessstoff einem Zivilurteil zugrunde gelegt werden. Ausnahmen finden sich u.a. im schriftlichen Verfahren gem. § 128 II ZPO.
5. Grundsatz der Unmittelbarkeit
Nach dem Unmittelbarkeitsgrundsatz gem. §§ 128 I, 355 I 1 ZPO haben sowohl die mündliche Verhandlung als auch die Beweisaufnahme gem. § 284 ZPO vor demselben erkennenden Gericht stattzufinden.
6. Beschleunigungsgrundsatz
Nach dem Beschleunigungsgrundsatz gem. Art. 20 III GG i.V.m. Art. 6 I 1 EMRK ist der Zivilprozess innerhalb einer angemessenen Zeit durchzuführen. In diesem Sinne besagt die in § 272 ZPO enthaltene Konzentrationsmaxime, dass der Rechtsstreit möglichst in einem Haupttermin erledigt wird. Mit anderen Worten: Der Zivilprozess soll nach Möglichkeit an einem Tag verhandelt werden.
7. Grundsatz der Öffentlichkeit
Nach dem Öffentlichkeitsgrundsatz gem. § 169 S. 1 GVG i.V.m. Art. 6 I 1 EMRK muss die mündliche Hauptverhandlung Zuschauern zwecks einer Kontrollfunktion zugänglich sein (sog. „Saalöffentlichkeit“).
8. Grundsatz der Einheit der mündlichen Verhandlung
Alle Verhandlungstermine bilden im Zivilprozess eine Einheit. Unabhängig von der Anzahl der Verhandlungstage verfügt ein Zivilprozess also nur über eine mündliche Verhandlung.
Aufgrund dessen können die Prozessparteien auch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung neue Tatsachen einführen, die insgesamt den Prozessstoff des Urteils bilden. Da die ganze mündliche Verhandlung eine Einheit bildet, ist im Hinblick auf die vorgetragenen Tatsachen nur entscheidend, was am Ende streitig oder unstreitig ist. Unstreitige Tatsachen können also im Laufe der mündlichen Verhandlung streitig werden und umgekehrt.
9. Anspruch auf ein faires Verfahren
Nach der st. Rspr. des BVerfG haben die Parteien des Zivilprozesses einen Anspruch auf ein faires Verfahren (häufig auch „fair trail“-Grundsatz genannt). Aufgrund dieses Verfahrensgrundsatzes muss sich das Gericht neutral gegenüber den Prozessparteien verhalten und darf nur nach Recht und Gesetz entscheiden.
Das BVerfG leitet dieses prozessuale Grundrecht insbesondere aus dem Rechtsstaatsprinzip her (BVerfG, NJW 2014, 205). Aber auch in der Zivilprozessordnung selbst finden sich Vorschriften, die ein faires Verfahren gewährleisten sollen. Zu nennen sind insbesondere die Regelungen zur Befangenheit des Richters in den §§ 42 ff. ZPO und das Verbot von Überraschungsentscheidungen gem. § 139 II ZPO.
Fazit zu den Verfahrensmaximen der ZPO
Die herausragende Bedeutung der juristischen Grundlagen, des juristischen Handwerkskoffers, sollte jedem Studenten und Referendar bewusst sein. Eine jede Jura Examensvorbereitung muss Wert, vor allem im 2. Examen, mindestens aber für die Vorbereitung auf das 1. Examen, legen. Gerade wenn Du Dich aktuell auf Deinen Jura Verbesserungsversuch vorbereitest und vielleicht die Bereiche der Verfahrensgrundsätze der ZPO auf Lücke gelernt hast, musst Du Dir das jetzt für den Erfolg anschauen, eintrichtern und in Deiner Klausur abrufbar als Wissen parat halten.
Die solide Kenntnis der Prozessgrundsätze der ZPO gehört schon im 1. Staatsexamen zum Pflichtprogramm. Sie sind häufiger Gegenstand der prozessualen Zusatzfrage in der Zivilrechtsklausur und werden auch sehr gerne in der mündlichen Prüfung abgeprüft.
Ganz wichtiger Tipp:
Das Beherrschen der Verfahrensgrundsätze der ZPO wird Dir immens dabei helfen, das materielle Recht schneller, besser und tiefer zu durchdringen. Ein Beispiel: Wer die Beweislastregelungen (auch wichtig als Verfahrensgrundsatz der ZPO zu verstehen, denn beweisbelastet ist immer die Partei dem Grunde nach, für die der jeweilige Vortrag günstig ist; Ausgangsbasis ist hier der § 363 BGB) verstanden hat, wird den Aufbau im materiellen Recht, also die Frage, warum prüfe ich die sogenannten rechtshindernden Einwendungen, dann erst die rechtsvernichtenden Einwendungen und zum Schluss in einer Examensklausur die rechtshemmenden Einreden, besser verstehen. Wer sich im Rahmen einer Jura Nachhilfe damit schon früh ab den “unteren Semestern” beschäftigt, wird es in der Jura Examensvorbereitung viel leichter haben. Versprochen! Daher: Integriere in Deinen Lernplan in Jura auch bitte immer die wichtigsten Verfahrensgrundsätze der ZPO.
Die Examensrelevanz für das 2. Examen
Dass die Kenntnis der Prozessmaximen für ein erfolgreiches 2. Staatsexamen wichtig ist, liegt auf der Hand. Schließlich besteht das 2. Staatsexamen zu einem wesentlichen Anteil aus Prozessrecht. Gerade bei unbekannten Sachverhalten oder bei der Darstellung von Meinungsstreitigkeiten kann daher auf die Kenntnis der betreffenden Grundlagen zurückgegriffen werden.
Wenn Ihr in der ZPO immer auf dem Laufenden sein wollt, dann abonniert gerne unseren Newsletter.
Solltet Ihr Euch in der ZPO noch nicht examensreif fühlen, vereinbart gerne einen kostenlosen Probetermin. Unsere erfahrenen Dozenten der Akademie Kraatz und der Assessor Akademie stehen Euch vom Grundstudium bis zum 2. Staatsexamen mit Rat und Tat zur Seite. Schaut auch gerne hier für die Prozessmaximen im Strafrecht vorbei.
Dr. Robert König
Relevante Lerninhalte
Verfahrensgrundsätze der ZPO
Auch interessant:

Wir hoffen, Dir für Dein Studium oder Dein Referendariat hilfreiche Inhalte (Content) bereitgestellt zu haben. Wenn auch Du Dir auf dem Weg hin zum 1. Staatsexamen und dem 2. Staatsexamen den entscheidenden “Kick” nach vorne geben möchtest, informiere Dich hier gerne weiterführend über unsere Angebote.
Bereite Dich gemeinsam mit uns erfolgreich auf Deine erste juristische Staatsprüfung vor!
Unterricht ansehen
Legen bereits in den ersten Semestern den Grundstein für ein erfolgreiches Jurastudium!
Unterricht ansehen
Meistere den letzten großen Schritt vor Deiner erfolgreichen beruflichen Zukunft!
Unterricht ansehen
Auch wenn Du Jura nicht als Hauptfach hast, helfen wir Dir durch Deine Prüfungen!
Unterricht ansehen
Du wünschst weitere Informationen oder hast Fragen? Kontaktiere uns jederzeit.