- 12. April 2024
- Posted by: Hendrik Heinze
- Category: Strafrecht

Inwiefern bei den „Retterfällen“, in denen ein freiwilliger Retter Rechtsgutsverletzungen erleidet, eine eigenverantwortliche Selbstgefährdung oder -schädigung des Opfers vorliegt, ist ein häufiges strafrechtliches Klausurproblem. Um ein Jura Prädikatsexamen zu erreichen, oder überhaupt die Klausur in einen ordentlichen Bereich zu bringen, ist hier gutes Wissen gefragt. Wissen alleine reicht oft nicht. Du musst selbstredend wissen, wo und wie Du das in die Klausur packst und korrekt verortest. Einige unserer Dozenten zum Beispiel waren Prüfer an verschiedensten Prüfungsämtern und betonen geradezu immer wieder, wie wichtig der “juristische Handwerkskoffer” ist. Das berühmt-berüchtigte “Handwerkszeug” ist das absolute “A & O” für das Verfassen einer guten Klausur. Unter anderem kann unsere Jura Nachhilfe der Kraatz Group Dich hier gezielt vorbereiten. Egal, wir legen jetzt hier erst einmal los, damit Du das nötige Grundwissen erlangst und einen Zugang zu diesem Problemfeld der Retterfälle im Strafrecht bekommst.
Eigenverantwortliche Selbstgefährdung oder -schädigung des Opfers bei den Retterfällen?
Eine eigenverantwortliche Selbstgefährdung oder -schädigung des Opfers setzt sowohl nach der h.M. als auch nach Ansicht der Rspr. eine betreffende Tatherrschaft voraus (vgl. BGH, Urteil vom 20.11.2008 – 4 StR 328/08).
Tatherrschaft ist das vom Vorsatz umfasste In-den-Händen-Halten des tatbestandsmäßigen Geschehensablaufs. Der unmittelbar Handelnde müsste also als eine Zentralfigur des realen Geschehens aufgrund seines objektiven und subjektiven Tatbeitrags das Ob und Wie der Tatbestandsverwirklichung beherrschen. Die Tat müsste in diesem Sinne zumindest auch als ein Werk seines zielstrebig lenkenden Willens erscheinen.
Kausalität
Bei der eigenverantwortlichen Selbstgefährdung oder -schädigung des Opfers nach einem Vorverhalten des Täters ist die Tathandlung für den betreffenden tatbestandlichen Erfolg dennoch kausal. So kann sie nach der Äquivalenztheorie unter Berücksichtigung der conditio-sine-qua-non-Formel nicht hinweggedacht werden, ohne dass der eingetretene Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele.
Wieder eine wichtige Definition, die Du hier siehst. Leider musst Du im Strafrecht eben viele Definitionen auswendig lernen. Gleichwohl gelingt Dir das deutlich besser, wenn Du vor allem verstehst, was “dahinter” steckt. Auf Verständnis zu lernen, ist der Schlüssel, bereits zu Beginn des Jurastudiums solltest Du nicht “stupide” auswendig lernen, sondern die Hintergründe entsprechend versuchen nachzuvollziehen.
Viele Kandidaten fallen in der Jura Zwischenprüfung schon durch, weil Wissen in der Klausur “schlicht” abgeladen wird, und zwar sehr oft an Stellen der Jura Klausur, wo es fast oder gar keine Rolle spielt. Dein Prüfer ist davon bestimmt mehr als genervt und wird das (leider) häufig mit vielen Punktabzügen quittieren. Gerade ab dem Grundstudium ist daher die Grundsteinlegung für ein erfolgreiches Studium und später für ein erfolgreiches Jura-Examen zu empfehlen. Am besten durch ein Jura Einzelrepetitorium.
Entscheidendes Kriterium: Objektive Zurechnung
Der betreffende tatbestandliche Erfolg ist dem Täter aber nicht objektiv zurechenbar. So besteht kein Pflichtwidrigkeitszusammenhang zwischen der Tathandlung und dem eingetretenen tatbestandlichen Erfolg. Es hat sich also nicht die von dem Täter geschaffene, rechtlich missbilligte Gefahr in dem betreffenden Erfolg realisiert. In dem Erfolgseintritt realisiert sich vielmehr die durch das Opfer geschaffene Gefahr.
Exkurs: Rechtliche Einordnung der objektiven Zurechnung im StGB
In der Literatur ist es allgemein anerkannt (h.M.), das Erfordernis der „objektiven Zurechenbarkeit des eingetretenen tatbestandlichen Erfolgs bzgl. des Täters“ bei vorsätzlichen Erfolgsdelikten i.R.d. objektiven Tatbestands nach der „Kausalität der Tathandlung für den eingetretenen tatbestandlichen Erfolg“ zu prüfen.
Diese Ansicht hat sich in der Rspr. bisher nicht einheitlich durchgesetzt. Sie verzichtet bei vorsätzlichen Erfolgsdelikten vielmehr größtenteils weiterhin auf das Kriterium der objektiven Zurechenbarkeit. Stattdessen vermeidet sie eine ausufernde Strafbarkeit infolge der Weite der Äquivalenztheorie unter Berücksichtigung der conditio-sine-qua-non-Formel mit dem Verweis auf das Zusammenspiel zwischen dem subjektiven Tatbestand und der Kausalität. Da sich der Vorsatz schließlich auch auf die Kausalität beziehen muss, ist bei wesentlichen Abweichungen des Kausalverlaufs von der Tätervorstellung schlicht der Vorsatz ausgeschlossen, womit eine betreffende Strafbarkeit ausscheidet. Bisher geht die höchstrichterliche Rspr. einzig bei der Beteiligung an einer eigenverantwortlichen, bewussten Selbstgefährdung oder -schädigung des Opfers sowie allgemein bei Fahrlässigkeitsdelikten auf Aspekte der Lehre der objektiven Zurechnung tatbestandlich ausdrücklich ein (vgl. BGH, Urteil vom 03.12.2015 – 4 StR 223/15; BGH, Beschluss vom 11.07.1991 – 1 StR 357/91; BGHSt 32, 262 ff.; Lasson, ZJS 2009, 359, 360).
Beide Ansichten sind in diesem Zusammenhang gut vertretbar, doch ist gerade im Hinblick auf die Prüfungen des Ersten Staatsexamens die h.M. üblicher. Da es sich um eine Aufbaufrage handelt, ist die eigene Herangehensweise jedoch nicht zu begründen. Mithin sollte man im 1. Staatsexamen auch bei Erfolgsdelikten den Aufbau der Literatur wählen und die objektive Zurechnung prüfen. Grundsätzlich kannst Du Dir für eine erfolgreiche Jura Examensvorbereitung aber immer merken: Deine Klausur wird seitens des Prüfers (fast) immer so aufgebaut sein, dass Du den umfassenden intellektuellen Rahmen einer Jura Examensklausur, vor allem für ein Jura Prädikatsexamen erst dann ausschöpfen kannst (also zu den Folgeproblemen kommst), wenn Du der herrschenden Meinung folgst.
Tipp: Die Problematik der Retterfälle wird in Klausuren meistens im Kontext der fahrlässigen Tötung gem. § 222 StGB oder der fahrlässigen Körperverletzung gem. § 229 StGB eingebaut.
Darstellung des Meinungsstreits in der Klausur
Fraglich ist also, ob in den sog. „Retterfällen“, in denen ein freiwillig eingreifender Retter Rechtsgutsverletzungen erleidet, eine (eigenverantwortliche) Selbstgefährdung oder -schädigung des Opfers vorliegt, welche die objektive Zurechenbarkeit des eingetretenen tatbestandlichen Erfolgs bzgl. des den Rettungsfall verursachenden Täters ausschließt.
Eine Ansicht
Nach einer Ansicht liegt grds. eine von ihm zu verantwortende Selbstgefährdung oder -schädigung des Retters vor. Insbesondere ist zu beachten, dass ein „Retterrisiko“ nahezu allen Straftaten immanent ist. Wenn sich ein Retter bei der Rettungstat verletzt, realisiert sich also keine dem jeweiligen Vorverhalten des Täters spezifisch innewohnende Gefahr (Roxin, FS Puppe, S. 909, 926).
Andere Ansicht
Nach einer anderen Ansicht liegt stets keine Selbstgefährdung oder -schädigung des Retters vor. Vielmehr sind die Rettungsmaßnahmen immer der Risikosphäre des Erstverursachers zuzurechnen (Amelung, NStZ 1994, 338).
Weitere Ansicht (Rspr.)
Nach einer weiteren Ansicht ist der eingetretene tatbestandliche Erfolg objektiv zuzurechnen, wenn der Täter durch sein Vorverhalten eine naheliegende Möglichkeit und ein einsichtiges Motiv für die Rettungshandlung geschaffen hat. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn der Retter verpflichtet ist, einzugreifen. In diesem Sinne liegt grds. keine eigenverantwortliche Selbstgefährdung oder -schädigung des Retters vor, wenn die Rettungshandlung auf einer Rechtspflicht oder einer Garantenpflicht beruht. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Rettungshandlung von vorneherein sinnlos und unverhältnismäßig riskant ist (vgl. BGHSt 39, 322, 325 f.).
Stellungnahme
Der dritten Ansicht ist zu folgen. Für sie spricht, dass verpflichtete Retter in ihrer Entscheidung bzgl. der Vornahme einer Rettungshandlung gerade nicht frei sind. Vielmehr ist es ihnen auferlegt, sich in Gefahr zu begeben. Da der Täter als Gefahrenverursacher Auslöser dieser „erzwungenen“ Rettungshandlung ist, hat er grds. auch die Selbstgefährdung oder -schädigung des Retters zu verantworten. Der Retter übernimmt letztlich eine eigentlich dem Gefahrenverursacher obliegende Pflicht. Wenn in diesem Sinne eine erfolgreiche Erfolgsabwendung dem Gefahrenverursacher zugutekommt, dann hat er auch die Konsequenzen eines etwaigen Misserfolgs zu tragen.
Das richtige Beherrschen der Darstellung von Meinungsstreiten ist wichtig für Deine Benotung in Deiner Jura Klausur. Die Übung macht hierbei den Meister. Lass Dich nicht demotivieren und verfalle nicht in Prüfungsangst. Du schaffst das, bleib dran, zeige Hartnäckigkeit und der Erfolg wird am Ende Dein sein! Auch unser Jura Repetitorium Hamburg wird Dich bei der Bewältigung von Prüfungsangst gerne unterstützen. Kontaktiere uns noch heute für ein kostenfreies Gespräch!
Fazit zu den „Retterfällen“ im Strafrecht AT
Bei der rechtlichen Behandlung der „Retterfälle“ handelt es sich um einen Klassiker des Strafrechts, der regelmäßig Gegenstand juristischer Prüfungen ist. Sei es in einer Klausur, Hausarbeit oder mündlichen Prüfung.
Um das juristische Basiswissen einschließlich klassischer juristischer Streitstände zu erlernen, bietet Dir die Kraatz Group die beste Hilfestellung. Im Rahmen von effektivem Kleingruppen- und Einzelunterricht machen wir Dich fit für sämtliche Klausuren und Prüfungen (schau Dir auch gerne die Kraatz Erfahrungsberichte an) auf Deinem Weg zum Volljuristen. Die Akademie Kraatz ist Dein erster Ansprechpartner für alle Deine juristischen Prüfungen vom 1. Semester bis zum 1. Examen. Während Referendariat und im 2. Staatsexamen helfen Dir unsere engagierten Dozenten der Assessor Akademie zu Bestnoten. Melde Dich gerne bei uns für Deine kostenlose Probestunde.
Hendrik Heinze
Geschäftsführer der Assessor Akademie Kraatz und Heinze GbR
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